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Coronavirus

Wie die Pandemie das Leben in den Städten dauerhaft verändert

Raum wird durch das Coronavirus zum wichtigsten Gut. In Millionenstädten gibt es davon aber wenig. Man musste dort rasch reagieren, um das Leben in der Pandemie für die Bewohner erträglich zu gestalten. Die Krise verschärft vielerorts aber auch Probleme – oder macht sie überhaupt erst sichtbar.

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US-AS-COVID-CASES-CONTINUE-TO-SPIKE-IN-NEW-YORK-CITY,-GOVERNOR-CAPA/AFP/GETTY IMAGES/SPENCER PLA

Zwei Millionenstädte, zwei unterschiedliche Maßnahmenpakete, zwei verschiedene Stimmungen. Jack ist Brite, Mitte 30, Architekt, und kennt mittlerweile zwei verschiedene Lockdowns: den britischen und den französischen. Seine Ehefrau lebt in Paris, deshalb pendelt Jack zwischen Themse und Seine, und steigt er aus dem Eurostar, trifft ihn jedes Mal eine andere Realität.

Während er in Paris auf der Straße eine Maske tragen muss, braucht er sie in London bloß in den Öffis; während in Paris zwar Cafés und Restaurants geschlossen sind, geht das Leben auf den Straßen weiter – mit Social Distancing. In London gebe es im Moment kaum Menschenmengen, sagt Jack, dafür erzählt er von dem Stress, unmaskierten Spaziergängern und Joggern auszuweichen. Will sich Jack auf eine Coronainfektion testen lassen, muss er in London sehr viel Geld, über 100 Pfund, in die Hand nehmen, außer er gilt als Verdachtsfall. In Paris sind die Tests gratis. „Alles in allem fühlt sich Paris sicherer an, obwohl die Stadt lebendiger ist.“

Das Leben draußen. Die Coronapandemie hat das Leben in den Großstädten maßgeblich verändert. Wo viele Menschen zusammenkommen, muss man mit besonders viel Vorsicht durch die Welt außerhalb der Wohnung navigieren. Was den Reiz einer Stadt ausmacht – schöne Restaurants, besondere Geschäfte, extravagantes Theater, internationale Konzerte, erstklassige Museen –, scheint plötzlich mit einem großen „Gefahr!“-Stempel versehen. Oder ist gar ganz verboten.

Die Städte haben alle auf diese Herausforderungen reagiert – und die Städter mit ihnen. Zu sehen war das gleich zu Beginn der Pandemie: Die aktive Mobilität stieg stark an, mehr Menschen gingen zu Fuß und fuhren Rad – und auch das Auto wurde wieder öfter gestartet. Wer nimmt gern die U-Bahn, wenn da ein Infizierter neben einem stehen könnte? Bis heute sind es vor allem die Spaziergänger, die auffallen in den Städten. Denn Platz ist rar in der Großstadt. Zugang zu Grünflächen ist nicht immer gegeben, und als Reaktion darauf erobern die Städter vielfach die Innenstädte zurück.Und andere Außenflächen auch. Die Pandemie führte in den USA zum Beispiel zu einem kompletten Kulturwandel beim Essengehen. Waren Gast- und Schanigärten eigentlich nur in Bundesstaaten mit wärmerem Wetter verbreitet, ist nun „Outdoor Dining“ überall die Regel. In New York City erlaubte die Stadt erstmals den Wirten, Tische, Sessel und Gäste auf den Gehsteig zu verlagern.>> „New York ist eine Geisterstadt“ [premium]

Massenexodus aus der US-Metropole wegen Corona: Langsam kehrt aber die Hoffnung zurück, berichtet „Presse“-Korrespondent Stefan Riecher aus den USA.

In Paris passierte gewissermaßen das Gegenteil. Die Gastronomie dort ist nach wie vor geschlossen, Abholung und Lieferservice aber erlaubt. „Dort hat es nie eine wirkliche Take-away-Kultur gegeben“, erzählt der Ärmelkanal-Pendler Jack. Das ändert sich nun. „Mir ist aufgefallen, dass sogar einige Sterne-Restaurants mittlerweile auf Deliveroo angemeldet sind.“ Und die französische Regierung legalisierte Mitte Februar das Mittagessen vor dem Computer: Bisher war es Arbeitnehmern nicht gestattet gewesen, am Schreibtisch zu essen. Doch mit geschlossenen Bistros wird die pause déjeuner andernorts de facto unmöglich.

Wem gehört die Stadt? Das Leben in der Großstadt, dicht an dicht: Es scheint idealer Nährboden für Viren zu sein. Auf den ersten Blick. Robert Kalasek, Raumplaner an der Technischen Universität Wien, untersucht aktuell mit Kollegen, ob dem wirklich so ist. Sie analysieren dazu die Infektionszahlen aus den Siedlungsräumen Österreichs.

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