Mit Federn, Haut und Haar

Wie uns Viren manipulieren – und wir damit zurechtkommen

Lässt Covid die Leute so wenig wie möglich merken, dass es sich gerade heftig in ihren Körpern vermehrt, während es gleichzeitig Verhaltensänderungen induziert, die sie zu Spreadern machen?

Natürlich sind Viren keine bewussten Strategen. Sie passen sich aber ständig durch ihr rasches Mutieren und die anschließende Selektion an ihre Umwelt an und optimieren so ihre Verbreitung. Zur Vermehrung benötigen Viren Wirte, vor allem Menschen. So entwickelt sich ein Wettlauf zwischen Mensch und Virus: Wir versuchen uns durch Lockdown und Quarantäne zu schützen, das Virus reagiert darauf mit noch ansteckenderen Mutanten.

Viele Parasiten und Krankheitserreger verändern das Verhalten der von ihnen Befallenen. Entweder um damit ihre eigene Verbreitung zu sichern, oder aber, weil die Erkrankten ihr Verhalten so anpassen, dass sie möglichst wenige andere anstecken. Besonders ausgeprägt scheint dies bei sozialen Tieren, einschließlich Mensch. So erhöht die Toxoplasmose bei infizierten Mäusen und Menschen die Risikobereitschaft, womit der parasitische Einzeller seine Verbreitung fördert. Von Insekten weiß man, dass auch Viren deren Verhalten im Sinne der Verbreitung manipulieren können. Kaum erforscht ist, ob dies auch auf Säugetiere bzw. Menschen zutrifft, aber das Covid-Virus wäre dafür ein logischer Kandidat.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

>>> Mehr aus der Rubrik „Gastkommentare“


Bekanntlich bleiben Kinder und jüngere Leute oft symptomfrei, sind aber dennoch ansteckend. Unklar bleibt, ob das Virus diese symptomfrei Infizierten geselliger bzw. risikobereiter macht, um damit seine Verbreitung zu steigern. Dafür spricht, dass nicht wenige Leute, die wissen, dass sie infiziert sind, sich nicht in Quarantäne begeben, zur Arbeit gehen sowie Verwandte und Freunde besuchen. Besser könnte es für das Virus nicht laufen. Der Verdacht der viralen Verhaltensmanipulation wird auch durch die Tendenz des Virus gestützt, das Nervensystem zu befallen.

Bei einem Teil der Covid-Infizierten treten aber unangenehme Symptome auf, die eher sozialen Rückzug bewirken: Fieber, Müdigkeit bis hin zur Depression; manche Leute sterben sogar an oder mit dem Virus. Im Interesse der Verbreitung kann das wohl kaum sein. Rückzug ergibt aber bei sozialen Tieren einschließlich Mensch evolutionär Sinn – als Gegenwehr gegen das Virus, weil es das Risiko herabsetzt, andere anzustecken (außer jene, die pflegen). Die hohe Kunst von Covid besteht also offenbar darin, die Leute so wenig wie möglich merken zu lassen, dass man sich gerade heftig in ihren Körpern vermehrt, gleichzeitig aber erhöhte Risikobereitschaft und soziales Interesse zu induzieren und sie so zu Spreadern zu machen.

„Aus der Sicht“ von Covid sind schwer Erkrankte bzw. Tote daher eher Kollateralschäden. Das mag bei anderen Viren und in anderen Kulturen anders sein. Etwa in Westafrika, wo an Ebola Verstorbene traditionell intensiv von ihren Verwandten kontaktiert werden. Zur Optimierung der Verbreitung sollten daher Viren dort Menschen schwer erkranken lassen bzw. töten. Die für ein Virus optimale Strategie hängt eben vom Zusammenspiel mit seiner Umwelt ab und menschliches Verhalten bestimmt seine Evolution. Denn Menschen ergreifen Abwehrmaßnahmen, die Viren halten durch Mutieren dagegen. Es ist nicht verwunderlich, dass sich unter den Bedingungen des Lockdowns ansteckendere Varianten durchsetzen. Auch den neuen Impfstoffen kann das mutierende Virus rasch wieder „davonlaufen“. Die Impfstoffentwickler werden darauf zügig reagieren, das tun sie auch bei den Grippeviren schon lang.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.