Glosse

100 Tage Rot-Pink in Wien: War da was?

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler.
Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler.(c) Christian Fürthner/PID Wien
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Christoph Wiederkehr ist zwar Vizebürgermeister, aber anders als den Grünen gelingt es den Neos derzeit noch nicht, eine deutliche Handschrift in der Stadt zu hinterlassen.

Wissen Sie, wie der neue Wiener Vizebürgermeister ausschaut? Man hätte ihn ja auf dem Foto fast nicht erkannt. Als er sich unlängst mit Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler in die Volkshochschule Lazarettgasse setzte und dort die kostenlose Öffnung der Volkshochschulen-Räume für Kunst- und Kulturinteressierte bewarb. Wiederkehr posierte vorm Klavier – und natürlich mit Maske. Da musste man zwei Mal überlegen, wer der freundlich blickende Herr im Anzug war. Der Vizebürgermeister oder doch ein Kunde der Volkshochschulen? Aber auch auf der Straße wird Christoph Wiederkehr, immerhin seit 100 Tagen Wiens zweitwichtigster Mann, wohl weitgehend unerkannt bleiben können. Geht er mit Maske trägt das sicher seinen Teil dazu bei, aber auch ohne gab es bis jetzt wenig Gelegenheiten, sich an Wiederkehrs Gesicht zu gewöhnen. Pressekonferenzen, Empfänge, Society-Events, Projekteröffnungen – all die Dinge, mit denen sich ein Vizebürgermeister sichtbar in der Stadt verankert (das darf man nicht unterschätzen), fallen pandemiebedingt de facto weg.

Gespürt hat man die Neos seit ihrem Regierungsantritt in der Stadt jedenfalls nicht. Dabei sind die ersten 100 Tage schon vorüber. Zeit also Resümee zu ziehen. Weil untätig waren sie ja nicht: Immerhin gibt es jetzt eine Whistleblower-Plattform, die Maßnahmen für die psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen werden – nachdem dieser Bedarf viel zu lange ignoriert wurde – während der Pandemie ausgebaut, es gibt mehr EDV-Infrastruktur in Schulen und die Impfung für Lehrer und Kindergärtenpädagogen (Wiederkehr ist Bildungsstadtrat) kommt jetzt auch.

Man muss jetzt aber ehrlich sagen: Eine eigene Handschrift sieht anders aus. Die Grünen haben das damals sehr klug mit ihrer Radpropaganda gemacht und damit ein frischeres Lebensgefühl in die Stadt gebracht – das bis heute anhält. Das pinke Lebensgefühl – und sei es, indem Neos-Themen wie Bildung und Transparenz in der Stadt in allen Facetten aufgegriffen werden – fehlt noch.

Fair ist das natürlich alles nicht. Weil eine Pandemie jeden im Handlungsspielraum einschränkt. Auch die Politik. Aber dann verzeiht eine Pandemie auch mehr: zumindest in den ersten 100 Tagen.

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