Diplomatie

EU und USA verhängen im Fall Nawalny neue Russland-Sanktionen

Die Türme der Kirche des Straflagers N2 nahe der russischen Stadt Pokrov, wo der russische Regierungskritiker Nawalny seit kurzem überstellt wurde.
Die Türme der Kirche des Straflagers N2 nahe der russischen Stadt Pokrov, wo der russische Regierungskritiker Nawalny seit kurzem überstellt wurde.APA/AFP/DIMITAR DILKOFF
  • Drucken

Vier ranghohe russische Staatsfunktionäre sind von den neuen EU-Sanktionen im Fall Nawalny betroffen. Erstmals ist es möglich, in der EU vorhandene Vermögenswerte einzufrieren. Die USA ziehen nach - ohne Namen zu nennen.

Die EU und die USA haben am Dienstag wegen der umstrittenen Inhaftierung des Kremlkritikers Alexej Nawalny neue Sanktionen gegen Russland verhängt. In einer koordinierten Aktion wurden in Brüssel und Washington Strafmaßnahmen gegen mehrere ranghohe Staatsfunktionäre beschlossen. Moskau reagierte kritisch und erklärte, das Vorgehen des Westens werde wirkungslos bleiben.

Für die USA sind es die ersten Sanktionen in diesem Fall seit dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden. Dessen Amtsvorgänger Donald Trump hatte im Fall Nawalny von Strafmaßnahmen gegen Moskau abgesehen.

Generalstaatsanwalt, Gefängnisverwaltung, Ermittler, Nationalgarde

Die EU verhängte Einreise- und Vermögenssperren gegen vier leitende Vertreter des Justiz- und Strafverfolgungssystems, wie sie am Dienstag im EU-Amtsblatt mitteilte. Betroffen sind Generalstaatsanwalt Igor Krasnow, der Direktor der Gefängnisverwaltung, Alexander Kalaschnikow, der Chef des Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin, und der Leiter der Nationalgarde, Viktor Solotow.

Die EU setzte nun erstmals ihren neuen Sanktionsrahmen gegen Menschenrechtsverletzungen ein. Die Namen der Betroffenen waren schon in den vergangenen Tagen bekannt geworden. Dies löste bei mehreren Mitgliedstaaten Verärgerung aus, weil es die Wirksamkeit der Sanktionen untergraben könnte. Denn durch die Vorwarnung könnten Betroffene Vermögen aus der EU abziehen, bevor dieses eingefroren werden kann.

Borrell bremst bei Sanktionen gegen Oligarchen

Nawalny und das Europaparlament hatten auch Sanktionen gegen russische Oligarchen gefordert, die Präsident Wladimir Putin nahestehen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte aber darauf verwiesen, dass es "eine klare Verbindung" zu Nawalnys Festnahme und Verurteilung geben müsse. Sonst könnten die Sanktionen vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten werden.

Nach dem Giftanschlag hatte die EU bereits sechs Russen auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Unter ihnen waren Vertraute von Staatschef Putin wie der stellvertretende Leiter der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko, und der Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow.

USA nennen keine Namen

Vertreter der US-Regierung nannten am Dienstag zunächst keine Namen der Betroffenen ihrer Sanktionen. Sie betonten aber, die Strafmaßnahmen spiegelten im Wesentlichen jene der Europäer wider. Man werde auch das weitere Vorgehen eng mit den europäischen Verbündeten abstimmen. Es gehe darum, Russland für den Anschlag auf Nawalny und für dessen Inhaftierung zur Rechenschaft zu ziehen. Die Regierungsvertreter betonten, die Biden-Administration schlage einen generell anderen Kurs gegenüber Moskau ein.

Ein russisches Gericht hatte ungeachtet internationaler Forderungen nach einer Freilassung Nawalnys am 20. Februar dessen Verurteilung zu mehreren Jahren Straflager bestätigt. Nach Berechnungen seiner Anwälte könnte er in rund zweieinhalb Jahren im Sommer 2023 freikommen. Die russische Justiz wirft Nawalny einen Verstoß gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren vor, während er sich in Deutschland von dem Giftanschlag erholte. Das Urteil steht im Westen als politisch motiviert in der Kritik.

Der 44-Jährige soll inzwischen in die Strafkolonie von Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir verlegt worden sein. Eine offizielle Bestätigung dazu gab es allerdings noch nicht.

Die russische Regierung tat die Sanktionen der EU und der USA am Dienstag als wirkungslos ab. Es sei an der Zeit, darüber nachzudenken, ob diese Politik effektiv sei, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge in Moskau. "Die Antwort ist offensichtlich: Diese Politik erreicht ihre Ziele nicht." Russland betont immer wieder, sich von Strafmaßnahmen der EU und USA im Zuge zahlreicher Konflikte nicht beeindrucken zu lassen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte Gegensanktionen an.

(APA/Reuters/dpa/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Alexej Nawalny am Tag seiner Gerichtsverhandlung.
Vergiftung

USA wollen Russland wegen Nawalny-Vergiftung sanktionieren

Die Details der Sanktionen sind noch offen. US-Präsident Joe Biden nannte die Inhaftierung von Alexej Nawalny bereits im vergangenen Monat "politisch motiviert" und forderte seine Freilassung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.