Auf den ersten Blick hat die Biobranche allen Grund zur Freude: Im Vorjahr überstiegen die Förderungen für Biobauern deren Einkünfte. Auch der Umsatz mit Bioprodukten stieg im ersten Quartal um knapp 30 Prozent.
Wien. Auf den ersten Blick hat die Biobranche allen Grund zur Freude: In den ersten vier Monaten des Jahres wurden, an der Menge gemessen, um 40 Prozent mehr Bioprodukte abgesetzt als im ersten Quartal 2009. Der Umsatz mit Bioprodukten stieg damit um knapp 30 Prozent auf 110 Mio. Euro, so die Zahlen der Agrarmarkt Austria Marketing (AMA). Recht gut verlief auch das Gesamtjahr 2009: Da legte der Umsatz mit Produkten aus der Biolandwirtschaft um 6,5 Prozent zu, während der gesamte Lebensmittelabsatz stagnierte.
Der Run auf Bio geht also weiter. Zum Überleben der Biobauern hätte das im Vorjahr aber nicht gereicht – da brauchte es einmal mehr die öffentliche Hand. Ohne Förderungen hätte ein durchschnittlicher Biobauer das Vorjahr nicht ohne Verluste überstanden, wie aus dem aktuellen „Grünen Bericht“ hervorgeht. Der Ertrag (Verkäufe plus Förderungen) eines durchschnittlichen Biobetriebes belief sich 2009 auf 68.430 Euro, das sind zehn Prozent weniger als 2008. Nach Abzug der Kosten blieben ihm 21.162 Euro, während die Förderungen 21.760 Euro betrugen. Die Zuwendungen der öffentlichen Hand waren damit für die Biobetriebe erstmals seit Langem höher als deren Gesamteinkünfte.
Rupert Huber von der Landwirtschaftskammer spricht gegenüber der „Presse“ von einem „Sonderjahr“ 2009, das es „hoffentlich nicht mehr so schnell geben wird“. Sowohl Mengen als auch Preise seien schlecht gewesen. Bio leide besonders, weil sich die Preise zunehmend an jene für herkömmliche Produkte annäherten. Über 20.000 der rund 170.000 heimischen Agrarbetriebe entfallen auf das Biosegment.
2008, als die Preise für Agrarprodukte Höchststände erreichten, lag der Anteil der Förderungen an den Einkünften der Biobauern noch bei 76 Prozent, 2007 waren es 80 Prozent. Ein ähnliches Bild wie heute bot sich 2004, als die öffentlichen Gelder eines durchschnittlichen Biobetriebes 95 Prozent seiner Einkünfte ausmachten.
Berlakovich: „Kein Sparposten“
In dieser Größenordnung bewegt sich das Verhältnis der Förderungen zu den Einkünften nun, wenn man sich alle landwirtschaftlichen Betriebe ansieht. Der Anteil der Förderungen an den Einkünften eines durchschnittlichen Bauern lag 2009 bei 94 Prozent. 1995, dem Jahr des EU-Beitritts, waren es 68 Prozent. Wie berichtet, sind die Einkünfte der heimischen Bauern laut Grünem Bericht 2009 um 28 Prozent auf 19.000 Euro gesunken.
Für den Bauernbund ein Grund, Alarm zu schlagen: Die Landwirte seien auf das Einkommensniveau von 2005 zurückgeworfen worden, so Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch. Bei den Bauern-Einkommen handle es sich um „kein Beamten-Gehalt“, sondern um „Leistungszahlungen für Unternehmer, die den Fortbestand ihrer Betriebe zu sichern haben“. Rückendeckung bekommt er von Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (ÖVP): Bei den landwirtschaftlichen Förderungen sehe er keinen Einsparungsposten, sagte Berlakovich mit Blick auf die von der SPÖ angestoßene Debatte über Agrarzahlungen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2010)