Die Stadt sieht keine Diskrepanz zur Entscheidung des nationalen Impfgremiums. Zudem rechnet man damit, bis Ende Juni 70 Prozent der Wiener geimpft zu haben. Das bereits angemeldete Uni-Personal wird nun doch geimpft.
Entgegen anfänglicher und teils immer noch bestehender Vorbehalte setzt die Stadt Wien bereits den Impfstoff von AstraZeneca bei über 65-Jährigen ein. Das verkündete der Gesundheitsstadtrat Peter Hacker am Mittwoch. Und das, obwohl das nationale Impfgremium eine Verwendung dieses Impfstoffes bei älteren Menschen vorerst nicht empfohlen hat.
Diese Entscheidung sei auf „viel Unverständnis“ bei zahlreichen Medizinern gestoßen, sagte Hacker. Diese hätten dafür plädiert, den Impfstoff für Hochrisikogruppen zu verwenden. Auch die Ärztekammer forderte dies am Mittwoch. Nun will die Stadt genau dies tun. Denn schließlich würden aktuellste, noch nicht formal veröffentlichte Studien dem Impfstoff sowohl Sicherheit als auch eine gute Wirkung bei der Altersgruppe 65+ bescheinigen.
„Es besteht kein Grund, hier den Riegel weiter vorzuhalten, und auf die gedruckten Studien zu warten“, sagte der Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes, Michael Binder. „Es geht jetzt um Schnelligkeit“. Deswegen habe man sich entschieden, Astrazeneca auch vermehrt in höheren Altersgruppen anzubieten. Zum Einsatz kommen soll das Vakzin zunächst bei Risikopatientinnen und -patienten im Krankenhaus.
Das Vorgehen Wiens laufe den Empfehlungen des Gremiums nicht zuwider, ist Binder überzeugt. „Das Gremium hat weise entschieden“. Für eine generelle Empfehlung wolle man die Studien abwarten, andererseits würde es die Impfung mit Astrazeneca bei Älteren empfehlen, „wenn es zu logistischen Problemen mit dem mRNA-Impfstoff kommen sollte“, zitierte Binder die Leiterin des nationalen Impfgremiums Ursula Wiedermann-Schmidt. Diesen Fall sieht Binder gegeben.
Zudem dürfe man nicht vergessen, dass der AstraZeneca-Impfstoff eine volle Zulassung in Europa habe, so Hacker. „Jeder Arzt hat das Recht, den Impfstoff einzusetzen“.
„Großartiger Effekt“ in Altenheimen
Wien hat die Impfungen in Alten- und Pflegeheimen vergangene Woche abgeschlossen. Hier zeige sich für Hacker schon jetzt ein „großartiger Effekt“ auf das Infektionsgeschehen. Insgesamt sind die Fallzahlen in den Senioreneinrichtungen um 87 Prozent gesunken.
Ebenso durchgeimpft sei das Personal in den Wiener Spitälern sowie die Rettung, die mobile Pflege und der niedergelassene Bereich werde nächste Woche soweit sein. Die Impfung der über 80-Jährigen will Hacker bis Ende März abgeschlossen haben.
Wien begann am Mittwoch mit der Phase 2 im Impfplan und der Impfung von Lehrern, Hort- und Kindergartenpädagoginnen. In den kommenden drei Wochen werden im Austria Center Vienna insgesamt rund 35.000 Menschen aus diesem Bereich ihren ersten Impfstich erhalten.
Der zentrale Ort erlaube eine effiziente, günstige und vor allem schnelle Durchführung, heißt es aus der Gesundheitsbehörde. Die 700 Schulen und 1600 Kindergärten extra anzufahren, sei keine Option gewesen.
Uni-Personal wird doch geimpft
Hacker kündigte heute außerdem an, dass für jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hochschulen, die sich aufgrund eines Missverständnisses im Zuge der aktuellen Corona-Impfaktion für Lehrer, Hort- und Kindergartenpädagogen angemeldet haben, nun doch geimpft werden. Betroffen sind davon rund 4.000 Personen. Diese können ihren Termin doch wahrnehmen.
Bis Ende Juni 70 Prozent der Wiener geimpft
Hacker gab auch einen Ausblick für die allgemeine Bevölkerung. „Ich hoffe, dass wir bis Ende Juni 70 Prozent der Bevölkerung geimpft haben werden.“ Das könne er aber nur garantieren, wenn einerseits die versprochenen Lieferungen eingehalten werden und der zusätzliche Impfstoff von Johnson & Johnson rechtzeitig zugelassen und geliefert wird.
Bei der Impfung in die Breite soll neben den Impfstraßen auch die Hausärzte eine „tragende Säule“ sein, sagte Hacker. Diese können entweder in ihrer eigenen Ordination impfen oder für den Zweck für ihre Patienten ein Zeitfenster in den Schnupfenboxen reservieren, die man nach und nach in Impfboxen umwandeln will. Vorerst sind fünf Impfboxen geplant, bei Bedarf wird auf zehn aufgestockt, sagte ein Sprecher Hackers zur „Presse“. Der Rest werde weiterhin als Schnupfenboxen zur Verfügung stehen. Zudem sei man bereits im Kontakt mit großen Firmen, die ihre eigene Impflogistik aufbauen.
Hacker will Sputnik V „flott!"
Einmal mehr übte Hacker Kritik an der Aufforderung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), die Bundesländer mögen mehr Tempo beim Impfen machen. "Das hilft uns keinen Meter weiter. Das einzige was mich interessiert, wie viel mehr Impfstoff liefert der Bund." Im Zuge dessen würde er auch die von Kurz ins Spiel gebrachte Beschaffung des russischen Impfstoffes Sputnik V begrüßen. Der müsse ebenso wie andere zugelassen und qualitätsgeprüft werden. „Was man von Sputnik hört, ist, dass er auch ein hervorragender Impfstoff ist. Also: Flott! Hoppa di Hü!"