Franziskus im Irak

Papst vor historischer Mission im Zweistromland

REUTERS
  • Drucken

Am Freitag beginnt der erste Besuch eines Oberhaupts der katholischen Kurche im Irak. Feiern sind auch mit Muslimen und Mitgliedern anderer Religionen geplant. Die Sicherheitslage ist allerdings extrem heikel.

Mit seiner ersten Auslandsreise seit 15 Monaten schreibt Papst Franziskus in Kürze Geschichte: Als erstes Oberhaupt der Katholiken bereist er von 5. bis 8. März (ab Freitag) den Irak. Franziskus (84) besucht die kleine christliche Minderheit in einem moslemischen Land, das jahrelang von Islamisten terrorisiert wurde, nach wie vor von schweren Anschlägen erschüttert wird und wegen der Pandemie unter Lockdown steht.

Die erste Station der Reise ist die Hauptstadt Bagdad. Dort wird Franziskus am Freitag vom Regierungschef und vom Präsidenten empfangen. In Bagdad sind außerdem Treffen mit Vertretern der katholischen Minderheit in der syrisch-katholischen Kathedrale sowie eine Messe geplant, die der Papst aus Argentinien am Samstag in der chaldäisch-katholischen St.-Josefs-Kathedrale feiern wird. Franziskus will außerdem die Städte Najaf, Ur, Erbil, Mossul und Karakosh besuchen.

Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hatte bereits 1999 eine Irak-Reise geplant, die er nach erfolglosen Verhandlungen mit dem damaligen Machthaber Saddam Hussein aber absagte. Der Vatikan hatte Franziskus' Reise im Dezember angekündigt. Hinter den Plänen stand angesichts der Corona-Krise und der prekären Sicherheitslage im Irak lange ein großes Fragezeichen. Doch der Papst, dem die Corona-Beschränkungen im Vatikan schwer zu schaffen machen, scheint trotz aller Widrigkeiten entschlossen, die Reise anzutreten.

Christen weichen vor Gewalt

Im Irak lebten Anfang der 2000er-Jahre noch rund 1,5 Millionen Christen, heute sind es nur noch etwa 400.000. In den vergangenen 20 Jahren flohen viele ihrer Glaubensbrüder vor religiös motivierten Angriffen und insbesondere vor islamistischer Gewalt. Über die Lage der Christen dort und deren Verfolgung auch in anderen Ländern der Welt bis hin nach China wird in westlichen Ländern übrigens auch im Gegensatz zu anderen verfolgten Gruppen auffallend wenig berichtet.

In Najaf ist für Samstag ein Treffen des Papstes mit dem mächtigen Schiitenführer Ayatollah Ali Sistani geplant. In Ur, wo der Stammvater von Juden, Christen und Muslimen - Abraham - geboren worden sein soll, steht ein Treffen mit Vertretern verschiedener Religionen auf dem Programm. An dem "Gebetsmoment" in der Stadt, deren Wurzeln bis auf die sumerische Ära ab etwa 4000 vor Christus zurückgeht, sollen unter anderem Christen, Moslems und Jesiden teilnehmen.

REUTERS

Der Dialog mit dem Islam bildet einen Schwerpunkt von Franziskus' Pontifikat. Zudem lenkt er gern den Blick auf die Peripherie der katholischen Kirche, um Christen zu unterstützen, die als Minderheit in ihrer Heimat leben.

Im Schatten der islamistischen Mördermiliz

Am Sonntagmorgen will der Papst in Mossul (Nordirak) für die Kriegsopfer im Irak beten. Die Stadt in der Ninive-Ebene war 2014 von der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) überrannt worden, ebenso weite Gebiete im Norden und im Zentrum des Irak sowie in Ostsyrien. Die Schreckensherrschaft der Extremisten trieb einen Großteil der lokalen Christen in die Flucht. In Erbil in der autonomen Kurdenregion im Nordirak feiert der Papst am Sonntag eine weitere Messe.

"Papst Franziskus wird dem Volk, der katholischen Kirche und allen Irakern eine Botschaft des Trostes und des Friedens bringen, genauso wie der Anerkennung all des Leids und der Anstrengungen", kündigte der Präfekt der Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardi Sandri, kürzlich im Radio Vatikan an.

IRAQ-RELIGION-CHRISTIANS-POPE-VISIT
IRAQ-RELIGION-CHRISTIANS-POPE-VISITAPA/AFP/ZAID AL-OBEIDI

Bei seinem Besuch im Irak dürfte der Papst die verbliebenen Christen dazu ermutigen, in ihrer Heimat zu bleiben. "Unsere Präsenz im Irak, im Libanon, in Syrien und anderswo ist bedroht", sagte der Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche im Irak, Louis Raphael Sako, nach der Ankündigung der Papstreise im Dezember. Der Druck zur Auswanderung dürfte allerdings anhalten.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Papst Franziskus im Irak

Vom Massenexodus der irakischen Christen

Als Diktator Saddam Hussein 2003 gestürzt wurde, gab es 1,5 Millionen Christen im Irak. Heute dürften es noch etwa 400.000 sein. Vielfach sind sie gezielter Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt.
A general view of the ancient archeological site of Ur, traditionally believed to be the birthplace of Abraham, ahead of the planned visit of Pope Francis, in Ur near Nassiriya
Geschichte

Antike Stadt Ur als zentraler Ort der Papst-Visite im Irak

Heutiges Tell el-Muqayyar in der Wüste des Südiraks gilt als Heimat Abrahams, den Juden, Muslime und Christen als gemeinsamen Stammvater verehren. Berühmt dort ist die 4000 Jahre alte Zikkurat, ein sumerischer Stufentempel.
Deja-vu

In Europa gern verdrängt: Die weltweite Christenverfolgung

In einigen Ländern der Welt hat sich die soziale Diskriminierung der Christen während der Pandemie noch intensiviert.
Quergeschrieben

Der Terror gegen die Christen und die „Tyrannei der Schuld“

Europa ist eine spirituelle Wüste. Stört es hier keinen mehr, dass weltweit Hunderte Millionen Christen aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.