Leitartikel

Unter den Schwingen des Adlers ist kein Platz für Viktor Orbán

BELGIUM-EU-DIPLOMACY-POLITICS-SUMMIT
BELGIUM-EU-DIPLOMACY-POLITICS-SUMMITAPA/AFP/POOL/FRANCISCO SECO
  • Drucken

Der ungarische Regierungschef hat lang die Schmerzgrenze der Europäischen Volkspartei ausgetestet – und nun definitiv überschritten.

Wenn eine wahre Volkspartei majestätisch wie ein Adler über der politischen Landschaft gleitet und mit weiten Schwingen den unterschiedlichsten Partikularinteressen Schatten spendet, wie ÖVP-Europaabgeordnete Angelika Winzig am Dienstag in einem Anflug von Poesie postulierte, dann glich die Europäische Volkspartei am Mittwoch einem Adler mit den Flügeln eines Hendls. Für die christlich-sozialen Chicken Wings gesorgt hat – wer sonst – Viktor Orbán, das Enfant terrible der erfolgsverwöhnten europäischen Konservativen. Der Chef der ungarischen Regierungspartei Fidesz führte seine zwölf Abgeordneten aus der 187-köpfigen EVP-Fraktion im Europaparlament und besiegelte damit den wohl endgültigen Bruch der in Budapest regierenden Nationalpopulisten mit dem Mitte-rechts-Mainstream, der in weiten Teilen der EU den Takt vorgibt.

Der Exodus der Ungarn mag zwar Entschlossenheit simulieren, ist aber nichts anderes als eine patzige Geste. Orbán, der am liebsten bis in alle Ewigkeit im geborgenen Schoß der EVP verbleiben und die Vorzüge der Mitgliedschaft im konservativen Klub genießen würde, kam damit seinem Hinauswurf zuvor. Seinen Ex-Parteikollegen ist nämlich der Kragen geplatzt. Nach unzähligen Fidesz-Provokationen legte sich die EVP-Fraktion ein Instrumentarium zu, um unliebsame Mitglieder aus ihren Reihen zu entfernen. Die Schmach einer Vertreibung aus dem Paradies wollte Orbán, der den Nimbus des unbezwingbaren politischen Visionärs pflegt, offenbar doch nicht erdulden.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.