Covid-19

Kurz und Frederiksen in Israel: Neue Impfstoff-Wege ohne EU

EU leaders summit in Brussels
EU leaders summit in Brussels(c) REUTERS (POOL)
  • Drucken

Der österreichische Regierungschef und die Regierungschefin Dänemarks sind unterwegs, um eine Impstoffkooperation mit „Impfweltmeister“ Israel zu bewerben.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reist am heutigen Donnerstag nach Israel. Die eintägige Visite bei Premier Benjamin Netanyahu gemeinsam mit seiner dänischen Amtskollegin, der Sozialdemokratin Mette Frederiksen, steht im Zeichen der Corona-Impfstoffe. Es soll vor allem um eine Kooperation bei der Erforschung und Herstellung von Vakzinen gehen.>>> Wie Kurz und Netanjahu in der Coronakrise kooperieren [premium]

Der Bundeskanzler und die dänische Premierministerin reisten in einer eigenen Maschine allein und getrennt von den Journalisten, die in einem anderen Flugzeug nach Israel gebracht wurden - ohne Möglichkeit, mit den Politikern zu sprechen.

Kurz: Keine Abkehr von EU

Im Rahmen des Besuchs in Israel wird zunächst der "Grüne Pass" vorgestellt, ein elektronischer Impfpass in Form einer Handy-App, der die Immunisierung gegen Covid-19 erfasst. Im Anschluss ist ein Sechs-Augen-Gespräch mit Netanyahu und Frederiksen geplant. Die Pressekonferenz der drei soll um 17 Uhr Ortszeit - 16 Uhr Wiener Zeit - stattfinden.

Kurz begründet das Streben nach einer Impfstoffkooperation damit, dass die von der Europäischen Union getätigten Bestellungen nicht so schnell wie erwartet liefen. Ziel müsse es sein, angesichts von Coronavirus-Mutationen "bestehende Impfstoffe und Therapien möglichst schnell anzupassen oder neue schnell zu produzieren und dies möglichst eigenständig", sagte er im Vorfeld.

Die Initiative wurde weithin als Kritik an der EU verstanden. Kurz stellte am Mittwoch klar, dass die Allianz mit Israel und Dänemark nicht als Abkehr von der EU zu verstehen sei. "Es ist definitiv kein Verlassen des europäischen Weges", betonte er in einer Pressekonferenz in Wien.

„FT“: Kanzleramt bereitet Produktion bereits vor

Einem Bericht der "Financial Times" (FT) vom Montag zufolge sind Österreich, Dänemark und Israel bereits im Dialog mit den Vakzin-Herstellern Pfizer und Moderna im Bezug auf den Aufbau einer eigenen Produktion. Die FT berichtete unter Berufung auf einen anonymen Mitarbeiter des Kanzleramts außerdem, Österreich habe einen potenziellen Standort für eine derartige Impfstofffabrik bereits gefunden.

Am Dienstag traf der Kanzler im Vorfeld seiner Israel-Reise gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Bildungsminister Heinz Faßmann (alle ÖVP) mit Vertretern von rund zwanzig Pharmaunternehmen mit Standorten in Österreich (darunter Pfizer, Novartis, Polymun oder Boehringer Ingelheim) sowie führenden Wissenschaftern und Medizinern zusammen.

EU-Kommission plant „Grünen Pass“ 

Israel hat bereits einen elektronischen Pass eingeführt, der eine Immunisierung gegen Covid-19 bestätigt. Beim EU-Gipfel vergangene Woche hatte es bezüglich eines sogenannten "Grünen Passes" auch innerhalb der Europäischen Union eine Einigung gegeben. Am Montag hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mitgeteilt, dass die Kommission bis 17. März einen Entwurf für den "Grünen Pass" vorlegen wird. Eine Forderung in diese Richtung hatte es davor aus einigen europäischen Ländern gegeben.

Entgegen der eher langsam anlaufenden Impfkampagne in der Europäischen Union gilt Israel mittlerweile als "Impfweltmeister": Bereits mehr als die Hälfte der erwachsenen Israelis sind mindestens einmal geimpft. In Israel finden zudem am 23. März erneut Wahlen statt - bereits zum vierten Mal innerhalb von nur zwei Jahren. Netanyahu hofft nach dem Zerbrechen seiner Koalition mit seinem Herausforderer Benny Gantz nach nur wenigen Monaten auf eine Stärkung seiner Likud-Partei an der Wahlurne. Gleichzeitig strebt der Premier danach, in einem derzeit laufenden Korruptionsverfahren nicht verurteilt zu werden.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Runder Tisch der Impfstoffhersteller mit Wirtschaftsministerin Schramböck, Kanzler Kurz und Wissenschaftsminister Faßmann.
Coronavirus

Schramböck kündigt "Impfstoff-Produktions-Taskforce" an

Kanzler Kurz erklärt zur angedachten Impfstoffproduktion in Österreich: "Wir starten nicht bei null." Kritik kommt von der SPÖ, die Regierung möge sich doch den aktuellen Problemen der Impfstoffbeschaffung und -Verteilung widmen.
Der Kanzler will bei der Impfung weniger von Brüssel abhängig sein. Den Austausch mit Israel und Dänemark sowie anderen Staaten pflegt der Kanzler seit Ausbruch der Krise vor einem Jahr.
Impfdosen

Kurz will sich bei Impfstoffen "nicht mehr auf EU verlassen"

Die EMA sei zu langsam, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz vor seiner Israel-Reise. Die Beschaffung von Corona-Impfstoffen der zweiten Generation will Österreich selbst organisieren. Den Bedarf dafür schätzt er auf 30 Millionen Dosen.
Warten auf eine Corona-Impfung in Bergamo, Italien.
Impfstoffkooperation

Kritik aus Italien an Impfstoff-Plänen: "Kurz begeht einen Fehler"

Die Kurz-Aussagen in Sachen Impfstoff-Lieferungen sorgen für Debatten im Nachbarland. Lob kommt von der rechten Lega, harte Kritik von der Fünf-Sterne-Bewegung: Die Probleme mit der Impfstoff-Beschaffung solle man besser EU-intern lösen.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP)
Medikamente

Impfstoff-Zulassungen mit "mehr Tempo, weniger Bürokratie"

900 Firmen sind in Österreich im Bereich Pharma und Lifescience tätig. Die Wirtschaftsministerin will sie stärken und nicht nur Wirk-, sondern auch Impfstoffe herstellen lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.