Lokalkritik

Testessen im Rossini und in der Bollibox

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Das Take-away-Service vom guten alten Rossini weckt Frühlingsgefühle: Die Sehnsucht nach Neapel, der Amalfi-Küste und den Äolen. Eine schwere Empfehlung.

Heute darf ich ausnahmsweise über ein wirklich wichtiges Thema schreiben. Die Liebe. Enzo Maddaluno aus Pozzuoli nahe Neapel verliebte sich 1985 also in eine Frau, in die Stadt Wien eventuell auch. Er beschloss, bei ihr zu bleiben, ein Lokal zu eröffnen und eine Familie zu gründen. Die Trattoria taufte er „Rossini“, das war vor dem Film. Er schuf einen ­kleinen italienischen Archetyp mitten im ­Ersten: Beim Betreten des Lokals erblickt man den klassisch gemauerten Pizzaofen, rechts und links sind die Speiseräume mit Boden, Mobiliar und Schmuck, als wäre man ein paar Hundert Kilometer weiter südlich. Das Rossini hatte mit seinen Pizze, Antipasti, Pasti und Secondi von Anfang an eine sehr treue Stammkundschaft.

Die Kellner und Enzo kennen fast jeden Gast persönlich, die Kinder durften von Anbeginn beim Pizzaofen zuschauen. Jahrzehnte später finden sich bereits die ersten Enkelkinder ein. In meinen 20ern führte ich meine Dates dorthin aus, ohne die Liebesgeschichte zu kennen. Authentische Pasta, Wein passend zu meinen rudimentären Weinkenntnissen, und das alles mit lässiger Bescheidenheit – das funktionierte ganz gut. Padrone Enzo nahm wie alle Italiener Wiens die Pandemie sehr ernst, schloss sein Lokal und verließ sich darauf, irgendwann für seine Gäste wieder öffnen zu können.

Irgendwann wurde das Irgendwann zu sehr irgendwann. Die Reserven schmolzen, die treue Truppe wurde frustrierter. Daher versucht er es mit Take-away: Die Antipasti-Platte zahlt sich aus, von der knackigen Garnele bis zum gebratenen schön bitteren Radicchio schmeckt alles wunderbar und kann sofort auf den Tisch gestellt werden. Die Pizza entspricht nicht dem So-authentisch-ist-die-Pizza-als-Suppe-Trend und wird in den exakt gleichen Kartons verpackt, die sie auch auf meiner Lieblingsinsel Stromboli verwenden.

Die Pasta – einmal Lasagne, einmal Penne Mare e Monti (Garnelen und Pilze) – gerieten tadellos. Sie liefern auch ein Argument für die Aldente-Fraktion: Zu weich gekochte Pasta lässt sich nicht gut transportieren, sie wird noch weicher. Alles in allem empfehle ich Rossini sehr, dessen Tradition weitergeht: Der Sohnemann, stolzer Arzt, hat Schriftstellerin Vea Kaiser vor einigen Jahren standesgemäß in Neapel geheiratet. Die wirklich guten Liebesgeschichten enden nämlich nie. Noch schnell ein anderer Tipp: Das Beef Tatar aus der neuen Bollibox vorm Park Hyatt schmeckt gut. Dass es dort ein Konsumationsverbot gibt, zeigt: Auch die Luxusfraktion kann in ­Zeiten wie diesen schön über die Stränge schlagen.

Ristorante Rossini, Schönlaterngasse 11, 1010 Wien

Bollibox, Bognergasse (Café am Hof), ­
1010 Wien.

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