Etikettenschwindel

Wie viel Österreich in „Made in Austria“ steckt

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Heimische Gütesiegel, die „Österreichische Qualität“ versprechen, sind oft irreführend. Warum steirisches Kernöl aus China kommt und heimische Fischfillets aus Italien.

Dass die FFP2-Masken von Hygiene Austria ursprünglich in China produziert werden, sorgte in den vergangenen Tagen für Irritationen. Die vermeintlich österreichischen Masken sind aber längst nicht die einzigen Produkte, wo Österreich drauf steht, in Wahrheit aber kaum Österreich drinnen steckt. Tatsächlich lässt sich der Ursprung eines Produktes in einer globalisierten Welt mit arbeitsteiligen Fertigungsprozessen in den meisten Fällen eben nicht auf ein bestimmtes Herkunftsland reduzieren. Aber freilich, „Made in Austria“ verkauft sich besser als „Made in China“.

Die rotweißrote Herkunfts-Kennzeichnung schmückt hierzulande mehr Produkte, als es in anderen Ländern üblich wäre. Der Verweis auf den österreichischen Ursprung eines Produktes geschieht häufig durch die Angabe „Made in Austria“ oder das „Austria Zeichen“, das von der Wirtschaftskammer vergeben wird. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Produkt tatsächlich zur Gänze in Österreich gefertigt wurde oder seine Rohstoffe zu 100 Prozent aus Österreich kommen.

Als kleine Volkswirtschaft solle Österreich aber ohnehin nicht versuchen, alles selbst zu produzieren, erklärt WIFO-Ökonom Michael Peneder. „100 Prozent 'Made in Austria' wäre absolut sinnlos. Das wäre für Österreich nicht möglich ohne große Wohlstandsverluste in Kauf zu nehmen.“

Keine klaren Regeln für „Austria"-Label

Um sich mit dem Label schmücken zu dürfen, müsse jedenfalls ein „erheblicher Anteil der Wertschöpfung aus Österreich kommen“, erklärt Herbert Herzig von der WKÖ: „Es gibt aber kein eindeutiges gesetzliches Regulativ, das die Herkunfts-Kennzeichnung vereinheitlicht.“ Frühere Initiativen durch die EU, wonach ein „Made in Austria“-Label erst ab einer heimischen Wertschöpfung von mindestens 55 Prozent vergeben werden dürfte, erwiesen sich als unwirksam und setzten sich nicht durch.

Forderungen nach einem klaren Kriterienkatalog, ab wann „Made in Austria“ wirklich gilt, hält Herzig für wenig sinnvoll: „Dadurch würden sich noch mehr offene Fragen ergeben.“ Will ein Produzent ein Österreich-Label für sein Produkt, kann er darum bei der Wirtschaftskammer ansuchen. Die jeweilige Landeskammer stellt nach Prüfung des Produktes ein Ursprungszeugnis. Danach liege es in der Verantwortung des Unternehmens, den Konsumenten nicht zu täuschen. „Wenn ein österreichischer Hersteller beispielsweise Rindsgeschnetzeltes als Fertigprodukt in Österreich herstellt und als solches vermarktet, dass das Fleisch dafür nicht aus dem Ausland kommen."

AMA: Von der Geburt bis zum Schlachthof in Österreich

Ein Siegel, auf das man sich „verlassen kann“, ist laut Konsumentenschützer das AMA-Gütesiegel. Bei Produkten, die damit ausgestattet sind, muss die gesamte Produktion in Österreich stattfinden. Bei Fleisch bedeutet das, dass das Tier in Österreich geboren sein muss, auf einem österreichischen Bauernhof aufgewachsen und gemästet werden muss und letztlich an einem österreichischen Schlachthof geschlachtet werden muss.

„Made in Austria“ gilt für Konsumenten vielfach als Qualitätsmerkmal. Vor allem bei Lebensmitteln schätzen die Kunden den österreichischen Standard, was sich so mancher Hersteller durch fragwürdige Bezeichnungen zu Nutze macht. Tatsächlich werden heimische Siegel immer wieder leichtfertig verwendet, erklärt Nina Siegenthaler vom Verein für Konsumenteninformation (VKI): „Inzwischen setzen die Händler immer mehr auf eigene Kennzeichnungen mit fragwürdigen Herkunfts-Angaben. Für die Konsumenten wird es damit immer schwieriger, den Überblick zu bewahren.“

Steirisches Kernöl aus China, heimischer Fisch aus Italien

Beispiele der Irreführung gab es in der Vergangenheit zur Genüge. Eine VKI-Untersuchung zeigte 2012, dass das steirische Kürbiskernöl seinen Ursprung meist nicht in der Steiermark hatte, sondern in China und in Österreich nur umgefüllt und abgepackt wurde. Juristisch ist die Täuschung nicht unheikel, wurde die Bezeichnung „Steirisches Kürbiskernöl“ doch von der EU geografisch geschützt.

Ein Nachspiel gab es 2015 für einen heimischen Produzenten, der „österreichische“ Fischfilets verkaufte. Die Forellenfilets wurden zwar tatsächlich in Österreich geräuchert, stammten jedoch aus einer italienischen Aquakultur. Der Oberste Gerichtshof bewertete die Herkunfts-Täuschung als „irreführend“. Ähnlich, wie bei den chinesischen Masken.

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