Interview

Wiedermann-Schmidt über AstraZeneca-Impfstoff: "Wir führen eine Luxusdiskussion"

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Ursula Wiedermann-Schmidt, Professorin für Vakzinologie und wissenschaftliches Mitglied des Nationalen Impfgremiums, spricht über die Motive, den Impfstoff von AstraZeneca nun doch auch für Menschen ab 65 Jahren zu empfehlen.

„Unsere Empfehlung wäre ganz bestimmt anders ausgefallen, wenn der Impfstoff von AstraZeneca als Erstes zugelassen worden wäre“, sagt Ursula Wiedermann-Schmidt, Professorin für Vakzinologie, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien sowie wissenschaftliches Mitglied des Nationalen Impfgremiums. Die Debatte über den AstraZeneca-Impfstoff sei eine „Luxusdiskussion. Denn eigentlich sollten wir glücklich sein über die verfügbaren Impfstoffe, jede von ihnen baut eine Grundimmunität auf – und zwar bei allen Menschen. Ob wir dann auch noch adaptierte Impfstoffe brauchen, die bei bestimmten Alters- und Personengruppen besser wirken, kommt erst an zweiter Stelle. Wir sollten nicht über b, c und d reden, bevor wir nicht a geklärt haben."

Den Vorstoß mancher Gesundheitsexperten, die Bevölkerung zunächst nur einmal zu impfen, unterstützt sie nicht, „weil inkomplette Immunisierungen das Tor für Mutationen öffnen können. Wenn wir bei der Immunisierung allzu großzügig sind, würden wir einen sehr großen Pool an Menschen zulassen, bei denen es zu sogenannten Escape-Mutationen und somit zu neuen gefährlichen Varianten wie der südafrikanischen und brasilianischen kommen kann, die sich der Immunantwort entziehen." Ursula Wiedermann-Schmidt im Interview.

Die Presse: Der Empfehlung des Impfgremiums, den AstraZeneca-Impfstoff auch an über 65-Jährige zu verabreichen, gingen turbulente Tage voraus. Vor knapp zwei Wochen kündigten Sie nach einer Studie aus Schottland im ORF an, das Alterslimit aufzuheben. Dazu kam es dann doch nicht, weil die Studie als Pre-Print erschien und nicht von unabhängigen Experten begutachtet wurde. Als Wien daraufhin eigenmächtig beschloss, den Impfstoff dennoch an Menschen ab 65 zu verabreichen, begrüßten Sie diese Entscheidung und meinten, sie sei „auf keinen Fall falsch“. Nun, ich habe Fragen. . .

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