Corona-Demo

Wiener Polizei untersagt zwölf Corona-Demos - etliche weitere sind geplant

CORONA: DEMOS IN WIEN VON POLIZEI UNTERSAGT
CORONA: DEMOS IN WIEN VON POLIZEI UNTERSAGTAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Am Wochenende wollen Gegner der Corona-Maßnahmen wieder in ganz Österreich aufmarschieren. Die Polizei warnte davor, dass sich dabei viele Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker tummeln.

Am kommenden Wochenende wollen wieder Gegner der Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. Mit Stand Freitagvormittag sind 54 Versammlungen angemeldet. Hotspot wird wohl einmal mehr Wien werden, wo allein für Samstag 36 Veranstaltungen angemeldet wurden und demnach 10.000 Teilnehmer erwartet werden. Wie die Polizei am Freitag bekannt gab, wurden zwölf der Demos untersagt und zwei zurückgewiesen.

Es sei davon auszugehen, dass bei der Menge an Teilnehmer „der verordnete Mindestabstand nicht eingehalten werden kann“, schlussfolgerte die Wiener Polizei. „Überdies haben die Erfahrungen der letzten Wochen gezeigt, dass gerade bei Versammlungen gegen die Corona Maßnahmen die meisten Teilnehmer die geltende Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung ignorieren." Man habe deswegen bei den betreffenden Veranstaltungen „zu Gunsten des Gesundheitsschutzes“ entschieden.

Reinhard Schnakl, stellvertretender Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, warnte indes davor, dass sich dabei viele Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker tummeln.

Aufrufe zum maskenfreien Einkaufen am heutigen Freitagabend hat die Polizei im Blick, auch wenn die Aktion mittlerweile wieder abgesagt wurde. Man sei mit Supermarktketten und Handel in Kontakt, die ihrerseits auch mit privaten Securities vorgesorgt hätten. Die Polizei ortet im Aufruf zum Brechen der Corona-Vorgaben auch einen Tatbestand, der gegebenenfalls zur Anzeige gebracht werde, sagte Schnakl.

Kickl als Gast angekündigt

Die größte Demonstration war mit 10.000 Teilnehmern für den morgigen Samstag ab 13.00 Uhr in Wien zum Thema "Für die Freiheit" angekündigt, und zwar für den Bereich Burgring/Maria-Theresien-Platz. Diese Kundgebung wurde ebenfalls behördlich untersagt. Im Internet wird für Samstag 13.00 Uhr zu einer "Riesendemo" in Wien aufgerufen, deren konkreter Ort erst zwei Stunden vorher bekannt gegeben werden soll - ob es sich um dieselbe Demo handelt, ist unklar.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hat angekündigt, auf einer der Protestveranstaltungen am Wochenende reden zu wollen - wann und wo genau, war Freitagmittag ebenfalls noch unklar. Von linker Seite wurde als Gegendemo für Samstag zu einer Kundgebung um 12.00 Uhr im Votivpark sowie einer anschließenden Fahrraddemo aufgerufen.

Die Polizei ist jedenfalls gewappnet: Rund 1.500 Polizistinnen und Polizisten werden im Einsatz sein, wobei noch kurzfristig aufgestockt werden kann. Auch Hubschrauber werden wieder über der Stadt kreisen, gewisse Orte wie das Parlament werden besonders geschützt. Die Dimension der Großdemo in Wien dürfte ähnlich sein wie schon zwei Kundgebungen im Jänner, wobei die tatsächliche Teilnehmerzahl im Vorfeld schwierig einzuschätzen sei, wie Schnakl im Gespräch mit Journalisten erklärte. Zuletzt gab es tendenziell geringeren Zulauf. Die Polizei erwartet aber, dass Teilnehmer aus ganz Österreich und auch aus dem Ausland, etwa aus Deutschland, nach Wien anreisen werden. So registrierte man etwa Verbindungen zur rechtspopulistischen AfD.

Warnung vor Rechtsextremen

Überhaupt warnte Schnakl davor, in welchem Umfeld man sich als Demo-Teilnehmer bewegt: Unter den Organisatoren finden sich laut Verfassungsschutz Vertreter der rechten und rechtsextremen Szene, etwa Identitäre, Staatsverweigerer und Verschwörungstheoretiker. Diese Gruppierungen würden das Versammlungsrecht "missbrauchen" und versuchen, enttäuschte Bürger für ihre Ideologie zu gewinnen, kritisierte Schnakl. Immer wieder stelle man Antisemitismus fest, durch Parolen oder das Tragen eines Judenstern. Überhaupt würden sich "die eigentlichen Gefährder" mit Widerstandskämpfern in der Zeit des Nationalsozialismus vergleichen und sich damit in einer "Opferrolle" sehen.

Für die Polizei sei der Umgang mit den Demonstranten, wenn Corona-Maßnahmen wie Abstand und Maskentragen nicht eingehalten werden, eine Herausforderung, erklärte Schnakl. Denn das Teilnehmerfeld sei meistens sehr "inhomogen", es seien auch Kleinkinder, gebrechliche Menschen mit Gehhilfen und Hunde darunter, die geschützt werden müssen - dies mache ein Einschreiten schwierig.

Gegen die Taktik der Demonstranten, in mehreren Strängen durch die Stadt zu ziehen, hat die Polizei unter anderem ein Team im Einsatz, das Informationen aus "sozialen Medien" sammelt, damit die Exekutive rasch reagieren kann. Die Polizei will jedenfalls deeskalierend auftreten, wenn der Dialog aber nicht fruchte, "sind wir angehalten, einzuschreiten und durchzugreifen", betonte Schnakl.

Querdenker als Superspreader

Generell machte Schnakl darauf aufmerksam, dass derartige Menschenansammlungen in Zeiten steigender Corona-Infektionen die öffentliche Gesundheit weiter beeinträchtigen. So zeigt etwa eine Studie der Humboldt Universität Berlin und des "ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim", dass die "Querdenken"-Demonstrationen im November 2020 dazu beigetragen haben, dass sich das Corona-Virus innerhalb Deutschlands stark verbreitet hat.

In Österreich haben die Corona-Proteste erst seit Ende Dezember regeren Zulauf. Seit 26. Dezember des Vorjahres wurden laut einer Statistik des Innenministeriums österreichweit insgesamt 673 Versammlungen im Zusammenhang mit Corona registriert. Davon waren 113 nicht angemeldet, 75 wurden untersagt. Bei den Demonstrationen wurden 7.175 Anzeigen nach dem Verwaltungsrecht erstattet und 146 gerichtlich strafbare Handlungen angezeigt bzw. wurden 17 Organmandate ausgestellt. 171 Personen wurden festgenommen. In Summe nahmen rund 85.000 Personen teil, etwa 20.000 Polizisten waren im Einsatz. Verletzte Polizisten zählte man acht, verletzte Demonstranten fünf.

(APA/red.)

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