Wie üblich begann der Volkskongress mit Aufregung: Peking will die Hongkonger Opposition mit einer Wahlreform ausschalten. Das Regime agiert auch aus tiefer Unsicherheit.
Wenn Chinas knapp 3000 Abgeordnete inmitten der globalen Pandemie in der Großen Halle des Volkes zusammenkommen, sendet allein die schiere Dimension eine beeindruckende Machtbotschaft in die Welt. Wie fast jedes Jahr wurde das wichtigste Politereignis der Volksrepublik auch dieses Mal mit einem regelrechten Paukenschlag eröffnet: So beschlossen die Parteikader eine Wahlreform für Hongkong, die die ohnehin brachliegende Opposition der Finanzmetropole endgültig lahmlegen wird.
Demnach muss jeder Politiker, der künftig für das Hongkonger Parlament kandidieren will, von einem Peking-treuen Komitee abgesegnet werden. Mitglieder des pro-demokratischen Lager werden also zu kommenden Wahlen höchstwahrscheinlich gar nicht erst antreten können. Laut Wang Chen, Vize-Vorsitzende des Ständigen Ausschusses, sollen nur mehr „Patrioten“ Hongkong regieren dürfen. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua schrieb vom „demokratischen Wahlsystem mit Hongkonger Eigenschaften“.
Bemerkenswert ist, dass Chinas Staatsführung mit der aufgezwungenen Gesetzesänderung ebenso der ihr gegenüber loyalen Lokalregierung rund um Carrie Lam das Vertrauen entzieht. Denn das pro-Peking-Lager war genauso wenig über jene Reform informiert, die 2.000 Kilometer nördlich über ihre Köpfe hinweg entschieden wurde.