Rechnungshofbericht

Die Tiwag als Bankomat des Landes Tirol

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Mit Sonderdividenden der Tiroler Wasserkraft AG hat das Land das Hypo-Debakel und politische Programme finanziert. Auch sonst hatte der Rechnungshof einiges zu kritisieren.

Das Land Tirol ist ein umtriebiger Unternehmer. An 118 Firmen ist es indirekt, an 34 direkt beteiligt, darunter an der Tiroler Wasserkraft AG (Tiwag), an der es alle Anteile hält. Wie wichtig das Land die Tiwag einschätzt, kann man daran erahnen, dass der Landeshauptmann höchstselbst für diese Beteiligung zuständig ist. Für die Mehrzahl der anderen ist es die Wirtschaftslandesrätin.

Den Grund für diese Konstruktion ahnt man nach einem aktuellen Bericht des Rechnungshofs (RH). Demnach hat das Land Tirol die Tiwag massiv genützt, um mit- hilfe des Unternehmens Politik zu machen und mit Dividenden im Notfall andere Finanzlöcher zu stopfen, wie die Prüfer aufdecken konnten. Und das, obwohl „die Gespräche zwischen dem Eigentümervertreter (also dem Landeshauptmann, Anm.) und den Vertretern der Tiwag mangels Dokumentation wenig transparent“ waren, wie der RH bemängelt.

So habe der Landeshauptmann (seit Juli 2008 ÖVP-Politiker Günther Platter, Anm.) die Tiwag „wiederholt um Dividendenzahlungen in konkreter Höhe“ ersucht. Beispielsweise als die Landesbank Hypo Tirol wegen Geschäften in Italien und Deutschland Verluste in dreistelliger Millionenhöhe einfuhr. Platter klopfte bei der Tiwag an, die Konsequenz war: „Für das Jahr 2011 schüttete die Tiwag eine Sonderdividende von 230 Millionen Euro aus, davon 220 Millionen Euro zur Unterstützung der in Not geratenen Landesbank Hypo Tirol Bank AG.“ So einfach war diese Zahlung aus Eigenmitteln freilich nicht zu finanzieren, wie die Rechnungshof-Prüfer feststellten: „Die Tiwag musste diese Ausschüttung im Jahr 2012 im Umfang von 80 Millionen Euro fremdfinanzieren.“

Fremdfinanzierte Dividende

Dass das Land die Tiroler Wasserkraft AG als eine Art Bankomat sah, hatte wirtschaftliche Folgen für das Unternehmen, wie es im 154-seitigen RH-Bericht weiter heißt: „Der damalige Vorstand der Tiwag betonte im Oktober 2015 gegenüber dem Aufsichtsrat nachdrücklich, dass die Dividendenwünsche des Eigentümers die Fremdkapitalgeber verunsichern würden. Dies erschwere langfristige Finanzierungen zunehmend und verteuere die Fremdkapitalaufnahme.“
Immerhin erklärte das Land für die Geschäftsjahre 2012 bis 2017 einen Dividendenverzicht – der jedoch nicht lang hielt. Er wurde ab dem Geschäftsjahr 2015 schon wieder ausgesetzt und um zwei Geschäftsjahre erstreckt. Der Grund: „Für das Tiroler Impulspaket schüttete die Tiwag auf Ersuchen des Eigentümers 2016 und 2018 jeweils 20 Millionen Euro an Dividenden aus.“

Damit nicht genug. Die Tiwag tätigte zudem vorgezogene Investitionen. Sie trug so „unter Inkaufnahme einer vorzeitigen Verschuldung dazu bei, dass sich das Land für die in seinem Interesse gelegenen Konjunkturmaßnahmen nicht zusätzlich verschulden musste“. Trotz Einhaltung der sechs dividendenfreien Jahre wurden von 2012 bis 2019 in Summe 62 Mio. Euro ausgeschüttet. Irgendwann war der „Bankomat“ freilich leer: „Ab dem Jahr 2016 musste sie (die Tiwag, Anm.) die Dividendenzahlungen mangels liquider Mittel – infolge ihrer verstärkten Investitionstätigkeit ab 2014 – zur Gänze fremdfinanzieren.“

Verteuerter Kraftwerksbau

Seltsam kam dem Rechnungshof ein Grundstückstausch vor, bei dem der Quadratmeterpreis für die Tiwag-Flächen bei 1,39 Euro lag, jener für die benachbarten Flächen des Tauschpartners dagegen bei zehn Euro pro Quadratmeter. Die Tiwag habe den vom Tauschpartner vorgeschlagenen Tauschwert ohne Gutachten akzeptiert, so die Kritik. Dem Aufsichtsrat hätten Informationen gefehlt, um die Marktüblichkeit der Tauschpreise zu plausibilisieren.

Wie oft bei Firmen unter staatlichem Einfluss gab es auch bei einer Bautätigkeit der Tiwag massive Kostenüberschreitungen. Die Gesamtinvestitionen für ein Kraftwerk im schweizerisch-österreichischen Grenzgebiet stiegen im Laufe des Projekts von 460,9 Millionen Euro auf 604,6 Millionen Euro. Und statt im August 2018 soll das Kraftwerk nun erst im Juni 2022 in Betrieb gehen.

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