Früher hieß es Garteln. Kleingartenverein Großjedlersdorf, Wien-Floridsdorf.

Das Gfrett mit dem Grün

Zur Selbstversorgung und Erholung bestimmt, dominiert in Wiens Kleingärten heute die Wohn- vor der Gartennutzung. Hintergrund war eine politische Fehlentscheidung, die nun behoben wurde. Und jetzt? Ein vorsichtig optimistischer Blick in die Zukunft.

Kleingartenanlagen hatten bereits in ihren Anfängen im frühen 20. Jahrhundert einen wichtigen Platz in der Wiener Grünraumversorgung. Anfänglich und besonders in den Kriegs- und Zwischenkriegsjahren zur Selbstversorgung, später für Erholungs- und Freizeitzwecke genutzt, stand jedoch eines immer im Zentrum: der Garten. Das hat sich in den 1990er-Jahren drastisch geändert. Ein maßgeblicher Grund war die Einführung des neuen Kleingartengesetzes, gefolgt vom Diskontabverkauf der Stadt-Wien-Flächen.

Seit jeher gab es den Wunsch vieler Pächter und Pächterinnen, ihre Gärten ganzjährig bewohnen zu können. Und das taten sie auch zahlreich, trotz gegenteiliger gesetzlicher Regulierungen. Gepfuschter Dauerwohnraum war in Kleingartenanlagen gängige Praxis. Um den Wildwüchsen Einhalt zu gebieten, gab es politischen Handlungsbedarf. Die unter Planungsstadtrat Hannes Swoboda (SPÖ) erfolgte Einführung der neuen Widmung „EKlw – Erholungsgebiet Kleingarten – ganzjähriges Wohnen“ im Jahr 1992 war mehr der Realität als einer lang durchdachten Strategie der Stadtpolitik geschuldet. Gemeinsam mit der neuen Widmung kam eine bis heute gültige Lockerung der Bauvorschriften, die Kleingärtnern ermöglicht, 50 Quadratmeter beziehungsweise maximal 20 Prozent der Parzellenfläche zu bebauen. Zusätzlich dürfen 30 Quadratmeter Terrasse genutzt werden, die unterbaut eine Kellergeschoßfläche von 80 Quadratmetern zulässt.

Nicht von Swoboda, sondern durch den langjährigen Finanzstadtrat und SPÖ-Vizebürgermeister Hans Mayr vorangetrieben, folgte 1993 der Startschuss für den Verkauf der Kleingärten aus dem Stadt-Wien-Besitz. Verwaltungsinternen Zeitzeugen zufolge sah Mayr keine für die Stadt lukrativen Entwicklungsmöglichkeiten in den Kleingartenanlagen, strategisch zu unwichtig schienen diese meist peripheren Flächen lange vor den explodierenden Immobilienpreisen. Und so konnten Pächter in Anlagen mit Kanalanschluss und frostsicherer Trinkwasserversorgung fortan ihre Gärten nicht nur ganzjährig bewohnen, sondern diese auch erwerben. Und das mit einem Preisnachlass von bis zu 40 Prozent des Marktwertes. Zehn Jahre hielt die Stadt ein Vorkaufsrecht, danach stand einem Verkauf auf dem freien Markt nichts im Wege.

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