Zeit für ein Selfie: Daniel Wissers „Wir bleiben noch“

Ein SPÖ-Roman? Mit der Vermengung von Familiengeschichte, historischen Details und Alltagskultur gelingt Daniel Wisser in seinem Roman ein kurzweiliges und eindringliches Panorama kollektiver Politikerfahrung und politischer Mentalität.

Der schöne Buchtitel drückt eine trotzige Beharrung aus, in ihm schwingt aber auch eine vielleicht private, vielleicht politische Bedrohung mit. Zum Auftakt verlässt Victor Jarno, getauft nach dem Begründer der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, endgültig seine neurotische Frau Iris, die mit ihrem unerfüllbaren, zunehmend neurotischen Kinderwunsch das Beziehungsfass zum Überlaufen bringt.

Dann beginnt der eigentliche Plot, der zuerst an einen der französischen Filme erinnert, in denen die Familie den Großvater sonntagnachmittags in seinem Landhaus besucht. In Daniel Wissers Roman „Wir bleiben noch“ reist allerdings die ganze Familie,Kinder, Enkel und Urenkel, zum 99. Geburtstag der „Urli“ Sandbichler nach Heiligenbrunn. Die französische Bourgeoisie ist bei Daniel Wisser zum sozialistischen Milieu oder vielmehr dem, was davon übrig ist, mutiert. Auf dem Familientreffen begegnet Victor nach dreißig Jahren seiner Cousine und alten Liebe Karoline wieder. Die Ärztin hat auf der Flucht vor ihrer Mutter jahrelang in Norwegen gearbeitet und ist immer noch so schön, dass jeder, aber auch wirklich jeder sagt, wie schön sie ist.

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