Schwerpunkt Universität

Raum für das besondere Uni-Flair

Universitäten sind auch Orte des informellen Wissensaustauschs. Die Architektur muss dafür Räume schaffen wie auf dem Campus West der JKU.
Universitäten sind auch Orte des informellen Wissensaustauschs. Die Architektur muss dafür Räume schaffen wie auf dem Campus West der JKU.Querkraft/Patricia Bagienski
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Flexibilität ist der Trend bei Uni-Neubauten. Kluge Konzepte sollen es ermöglichen, die Gebäude künftigen Veränderungen auf einfache Weise anzupassen.

Für Österreichs Studenten und Wissenschaftler wird gebaut: Bei der Bundesimmobiliengesellschaft BIG sind mehr als ein halbes Dutzend größerer Bauvorhaben am Laufen. So erhalten die Med-Uni Graz, die JKU in Linz, die Montanuni, die Uni Wien, die Boku und die TU Wien Neubauten, die teilweise Tausenden Studierenden und Forschern neue Möglichkeiten eröffnen. Die BIG konkurriert heute bei Unis mit anderen Immobilienunternehmen. 21 heimische Universitäten werden von ihr bei Bauvorhaben in unterschiedlichem Umfang begleitet.

Die Med-Uni Graz beispielsweise ist stolz darauf, das gesamte Nutzungskonzept und die städtebaulichen Strukturen der beiden Module des Med-Campus Graz selbst entwickelt zu haben: „Rektor Hellmut Samonigg war hier die treibende Kraft“, erzählt Heinrich Schober. Er ist an der Universität gemeinsam mit dem gesamten Med-Campus-Team für die Konzeption, die Errichtung und das Management des Neubaus verantwortlich. Die BIG hat das Projekt erworben und vermietet den Bau nach Fertigstellung an die Med-Uni.

Die Grazer haben sich für ihren Campus einiges einfallen lassen. Ziel war ein umfassend nachhaltiges Gebäude, wobei sich dieser Begriff nicht allein auf das Thema Energie oder Materialien beschränken sollte, berichtet Schober: „Umfassend nachhaltig bauen heißt für uns, Ökologie, soziokulturelle Aspekte, technische Qualität sowie Ökonomie und Prozessqualität auch im Zusammenhang mit der Stadt und den Anrainern zu berücksichtigen.“ Gemeinsam mit der Stadt Graz wurde ein Mobilitätskonzept entwickelt, unter anderem wurden Radwege sowie Straßenbahn bis zum Campus verlängert.

Energieeffizient und flexibel

Großer Wert wird auf Energieeffizienz und Klimaschutz gelegt – das Gebäude wird großteils mit Geothermie beheizt und gekühlt. „Wichtig sind aber auch scheinbare Details mit großen Auswirkungen, etwa, die Anlagen so zu dimensionieren, dass Druckverluste minimiert werden, das spart sehr viel Energie.“ Als ein markantes Beispiel für die Nachhaltigkeit-Philosophie nennt Schober die parallele Anordnung der unterschiedlichen Baukörper zum Hauptgebäude und deren Verbindung auf allen Geschoßen über mehrere Brücken: „Wir wissen nicht, wie sich medizinische Forschung in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird, und wollten daher den Gebäudekomplex so nutzungsoffen wie möglich planen.“ Mit dieser Lösung können Bereiche ohne große Umbauten vergrößert, verkleinert oder abgetrennt werden. Diese Flexibilität ermögliche eine lange Nutzung des Gebäudes.

Dass solche Überlegungen ein markantes Merkmal bei den aktuellen Universitätsbauten sind, bestätigt BIG-CEO Hans-Peter Weiss. Als weiteres Beispiel nennt er das House of Schools des JKU-Campus in Linz: „Das Besondere ist die hochflexible Gebäudestruktur, die schon jetzt Raum für flexible Anforderungen des Universitäts- und Forschungsbetriebs bietet und Nutzungsanpassungen in der Zukunft zulässt.“ Für Peter Sapp von Querkraft Architekten, die das Projekt in Linz geplant haben, war eine flexible Struktur ebenfalls vorrangiges Ziel: „Wir haben für die JKU ein Grundgerüst entwickelt, das relativ frei bespielt werden kann.“ Hörsäle lassen sich etwa künftig als Institutsbüros nutzen oder umgekehrt.

Sapp sieht die Planung eines Universitätsgebäudes als spannende Aufgabe: „Hier kann man durch gute Architektur sehr viel bewirken.“ Es gehe darum, ein Gebäude mit fühlbarer, erlebbarer Qualität zu schaffen, die das besondere Flair einer Universität ausmache. Forschung und Innovation etwa würden der Kommunikation bedürfen, deshalb müsse ein solches Gebäude zahlreiche Möglichkeiten zum Treffen und Austauschen bieten. „Erschließungsflächen sehen wir deshalb nicht als notwendiges Übel, wir planen sie so, dass sie zu Kommunikation einladen.“ Als ein Beispiel beim House of Schools nennt er einen offenen, dreidimensionalen Erschließungsraum über mehrere Stockwerke: „Es ist zu sehen, wie Menschen gehen, stehen bleiben, miteinander reden, das ist anregend“, erläutert der Architekt. Solche Möglichkeiten prägen das Flair einer Uni und tragen seiner Meinung nach dazu bei, dass der Präsenzunterricht an den Unis auch in Zukunft hohe Attraktivität haben wird.

Forschungs-Cluster

Ein weiterer großer Universitätsbau wird derzeit in St. Marx für die Uni Wien errichtet: Das neue Biologie-Zentrum soll über 5000 Studierenden und 500 Mitarbeitern aus Forschung, Lehre und Administration Platz bieten. Auch hier sind Nachhaltigkeit und Flexibilität große Themen: „Eine Verschiebung von Departmentgrenzen oder der Zonierung der Cluster muss genauso möglich sein wie die Teilung oder Vergrößerung von Laborflächen“, sagt Pressesprecherin Cornelia Blum. Ein Plus ist der Standort: In Verbindung mit bereits vorhandenen Forschungseinrichtungen der Uni Wien und anderen Institutionen soll dort ein weltweit einzigartiger Biologie-Cluster entstehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2021)

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