Sicherheitslücken

Pekings aggressiver Cyberangriff auf die USA

Die Hackergruppe Hafnium hat sich in großem Stil in US-Organisationen eingeschleust. Washington schlägt Alarm.

Die Enthüllung kam just zur Tagung des Volkskongresses in Peking: Mindestens 30.000 US-Organisationen sind demnach von einem „ungewöhnlich aggressiven“ chinesischen Hackerangriff betroffen. Die Angreifer hätten eine Sicherheitslücke im E-Mail-Dienst Exchange des Softwarekonzerns Microsoft ausgenutzt, E-Mails gestohlen und Computer mit Programmen infiziert, die eine Fernsteuerung erlauben, schrieb der Cybersicherheitsexperte Brian Krebs auf seiner Website.

Washington ist alarmiert. Jen Psaki, die Sprecherin des Weißen Hauses, bezeichnete dies als „aktuelle Bedrohung“. „Jeder, der diese Server nutzt, muss jetzt handeln“, sagte Psaki und riet dazu, möglichst schnell ein verfügbares Sicherheitsupdate zu installieren. „Wir befürchten, dass es eine große Zahl an Opfern gibt.“

Nachdem Microsoft am Dienstag das Sicherheitsupdate für Exchange veröffentlicht hatte, sei die Zahl der Angriffe dramatisch angestiegen, schrieb Krebs unter Berufung auf anonyme Quellen. Mindestens 30.000 Organisationen in den Vereinigten Staaten, darunter kleine Unternehmen, Stadtverwaltungen und Regionalregierungen, seien in den vergangenen Tagen von einer chinesischen Cyberspionage-Einheit angegriffen worden, die sich auf den Diebstahl von E-Mails konzentriert.


Gemietete Server als Operationsbasis. Die Hackergruppe „Hafnium“, wie Microsoft sie nennt, ist nach Angaben des Unternehmens ein „sehr versierter und hoch entwickelter Akteur“. „Hafnium“ hatte in der Vergangenheit laut Microsoft vor allem auf Organisationen und Einrichtungen in den USA abgezielt. Im Visier waren Forschungseinrichtungen für Infektionskrankheiten, Anwaltskanzleien, Hochschulen, Verteidigungsunternehmen, politische Denkfabriken und Nichtregierungsorganisationen. Die Gruppe habe ihren Sitz in China, agiere aber hauptsächlich über gemietete virtuelle private Server in den USA.

Die US-Behörden haben der chinesischen Regierung in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen, hinter Hackerangriffen in den USA zu stehen. Peking weist dies regelmäßig zurück.

Auch im Konflikt um Hongkong nehmen die Spannungen zwischen Peking und Washington zu. Die Biden-Regierung forderte China auf, auf die geplante Wahlrechtsreform in der Sonderverwaltungszone zu verzichten. Die anvisierten Änderungen seien ein „direkter Angriff“ auf die 1997 festgeschriebenen Autonomierechte der Millionenmetropole, sagte Außenamtssprecher Ned Price. „Die Vereinigten Staaten stehen an der Seite des Volks von Hongkong, das nichts weiter als die universellen Rechte anstrebt, die ihm zustehen“, erklärte er.

Peking hat angekündigt, die Wahlen in der ehemaligen britischen Kronkolonie künftig stärker zu kontrollieren. Laut einem Gesetzentwurf sollen alle Kandidaten für das Hongkonger Parlament in Zukunft von einem Peking-treuen Wahlkomitee nominiert werden. Peking hatte im Vorjahr mit einem Sicherheitsgesetz den Druck auf die Demokratie-Aktivisten erhöht.

HACKER

Hafnium. Die Hackergruppe hat ihren Sitz in China, operiert aber über gemietete private Server in den USA. Ins Visier nahm sie jüngst auch kleine Unternehmen, Stadtverwaltungen und Regionalregierungen. Cyberattacken richteten sich zuletzt auch gegen Forschungseinrichtungen oder Verteidigungsunternehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2021)

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