Gastkommentar

Türkise Klimaschutzprobe

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++ HANDOUT ++ WIEN: 'FRIDAYS FOR FUTURE' - SCHILDERMEER-PROTEST AM HELDENPLATZAPA/JULIAN KRAGLER
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Kanzler Sebastian Kurz forderte im Vorjahr, dass die „politische Mitte im Klimaschutz die Führung übernehmen muss“. Bis jetzt war davon nicht viel zu sehen.

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Am Dienstag startet das Klimavolksbegehren in die letzte Verhandlungsrunde. ÖVP und Grüne müssen sich im Umweltausschuss auf einen Entschließungsantrag einigen, der zwei Wochen später im Parlament mit SPÖ und NEOS beschlossen werden sollte.

Doch der Umweltsprecher der ÖVP meinte zuletzt, dass der Antrag lediglich „sehr allgemeine, ans Regierungsprogramm angelehnte Maßnahmen“ enthalten soll. Damit würde die Volkspartei nicht nur die Stimmen von 380.590 Österreicher*innen ignorieren, die die deutlich weitreichenderen Forderungen des Klimavolksbegehrens unterschrieben haben. Die ÖVP agiert dann auch gegen den Willen jener 88 % der Bevölkerung, die in einer repräsentativen Umfrage von der Regierung einen klaren Plan für die Emissionsreduktion fordern.

Österreich braucht ein starkes Klimaschutzgesetz

In einem Gastkommentar im „Time Magazine" forderte Sebastian Kurz im vergangenen Sommer, dass die „politische Mitte im Klimaschutz die Führung übernehmen muss“. Bis jetzt war davon wenig zu sehen. Die ÖVP ist seit Jahrzehnten an der Macht und Österreichs Emissionen sind seither nicht gesunken. Ob auf des Kanzlers Worte nun Taten folgen, wird der Entschließungsantrag am Dienstagnachmittag zeigen:

Österreich braucht ein starkes Klimaschutzgesetz mit CO2-Budgets, verbindlichen Reduktionspfaden und Zwischenzielen für klimaschädliche Emissionen. Das schafft Planungssicherheit. Eine wissenschaftliche Instanz soll die Zieleinhaltung prüfen, fordert das Klimavolksbegehren. Sebastian Kurz erklärt im Time-Beitrag, dass Regierungen Rahmenbedingungen schaffen müssen, die Unternehmen ermöglichen, ihre Emissionen rasch zu senken. Ökonom*innen sehen eine Bepreisung von CO2 in diesem Kontext als unumgänglich. Ohne Anreize keine Innovation. Zahlreiche Staaten haben eine CO2-Steuer bereits umgesetzt. Schweden sogar schon im Jahr 1991. Die ÖVP jedoch legt sich quer und gefährdet so die Zukunftsfähigkeit des heimischen Wirtschaftsstandortes.

Zweifelsohne ist die Bewältigung der Klimakrise die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Unser Erfolg oder Versagen wird über Krieg und Frieden entscheiden, über soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stabilität und die Zukunft unserer Zivilisation. Dass dies auch die ÖVP ernst zu nehmen hat, ist keine Meinung, sondern nüchterne Risikoanalyse auf Basis geophysikalischer Fakten. Die Dienstagnachmittag im Umweltausschuss die Forderungen des Klimavolksbegehrens zu beschließen, wäre ein erster, wichtiger Schritt. Sebastian Kurz selbst schreibt, es könnte bald zu spät sein, „irreversible Schäden im Klimasystem zu verhindern”. Es scheint, als wüsste er, wie dringend sofortige Maßnahmen sind. Nun kommt es auf die Umsetzung an.

Michael Spiekermann (22) studiert Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Boku Wien und ist Aktivist bei Fridays for Future.

E-Mails: debatte@diepressse.com

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