Harrys und Meghans Interview wird die Monarchie nicht beenden. Aber eine veritable Krise löst es schon aus: Einiges ist faul am Hof.
Mehr als 200 Jahre alt ist der Roman „Pride and Prejudice“, aber immer noch wählen die Briten das Buch Jane Austens zu einem der Hauptwerke ihres Literaturkanons. „Stolz und Vorurteil“ sind offenbar auch nach wie vor die bestimmenden Merkmale am königlichen Hof der Windsors, wie US-Starmoderatorin Oprah Winfrey in ihrem Interview mit Meghan Markle und Prinz Harry, immerhin jüngerer Sohn von Thronfolger Prinz Charles, in der Nacht auf Montag der Weltöffentlichkeit vorführte.
Die Enthüllungen würden „bedeutenden und langfristigen Schaden“ für das Königshaus anrichten, meint nun etwa Graham Smith von der Gruppe The Republic, die sich für eine Abschaffung der Monarchie einsetzt. Denn Harry und Meghan erheben schwerwiegende Vorwürfe: Rassismus, emotionale Grausamkeiten, alle Arten von Intrigen – mit Sonderrolle einer aggressiven Massenpresse – scheinen im Hause Windsor gang und gäbe zu sein.
Zwar hat der Hof die Vorwürfe bisher offiziell mit keiner Silbe gewürdigt. Dennoch beeilte man sich am Montag, etwa den ehemaligen Pressesprecher der Queen, Charles Anson, auszuschicken, der erklärte: „Es gibt keinen Funken an Rassismus im königlichen Haushalt.“ Immerhin führt Königin Elizabeth auch den Commonwealth, einen Bund 54 ehemaliger britischer Kolonien, und ist nominell bis heute Staatsoberhaupt in 16 Ländern der Welt. Zudem will Großbritannien nach seinem Austritt aus der EU in Zukunft vermehrt auf diese Bande setzen und sich als „Global Britain“ neu erfinden.
Schon im Vorfeld war das Interview mit jenem Fernsehgespräch verglichen worden, in dem Prinz Harrys Mutter, Diana Spencer, 1995 nicht nur das Unglück ihrer Ehe mit Prinz Charles offen-, sondern auch eine Lunte gelegt hatte, die den Buckingham-Palast bald lichterloh brennen ließ. Ihr tragischer Unfalltod 1997 machte sie zur „Prinzessin der Herzen“, während sich der Volkszorn gegen die anscheinend herzlosen Royals richtete, allen voran gegen Prinz Charles.