Petritsch widerspricht Segevs Aussagen zu Kreisky

Petritsch widerspricht Segevs Aussagen zu Kreisky
Petritsch widerspricht Segevs Aussagen zu KreiskyWolfgang Petritsch (c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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"Es gab keine systematisch Überwachung Wiesenthals", sagt der ehemalige Sekretär des verstorbenen Bundeskanzlers Bruno Kreisky, Wolfgang Petritsch bei einer Buchpräsentation im Jüdischen Museum.

Der frühere Bosnien-Beauftragte und ehemalige Sekretär des verstorbenen Bundeskanzlers Bruno Kreisky, Wolfgang Petritsch, hat Aussagen des israelischen Historikers Tom Segev widersprochen, wonach der "Nazi-Jäger" Simon Wiesenthal systematisch überwacht worden sei. "Segev neigt zu Übertreibungen, es hat keine systematische Überwachung gegeben", sagte Petritsch Mittwochabend.

Petritsch, dessen Buch über Kreisky im Oktober erscheinen soll, äußerte sich im Anschluss an eine Präsentation der neuen, von Segev verfassten Wiesenthal-Biographie im Jüdischen Museum in Wien. Bei einem  Podiumsgespräch, bei dem auch Tonaufnahmen Wiesenthals eingespielt wurden, bekräftigte der israelische Historiker seine Vorwürfe gegenüber Kreisky. Dieser habe Wiesenthal "ungeheures Unrecht" getan und ihn aushorchen lassen.

Sergev verteidigt sein Buch

Der frühere Bosnien-Beauftragte und Botschafter widersprach dem und sagte, er habe bei seinen Recherchen dieselben Dokumente einsehen können wie Segev. Wäre Wiesenthal systematisch überwacht worden, hätte man leicht herausgefunden, dass der Nazi-Jäger für den Mossad gearbeitet habe, wie Segev in seinem Buch enthüllt habe. Segev hatte zuvor zu dem Thema gemeint, es sei falsch, Wiesenthal als Agenten oder Spion zu bezeichnen, der auch Illegales gemacht haben müsse."Der Mossad arbeitete für Wiesenthal", meinte er.

Zu den von Kreisky gegenüber Wiesenthal erhobenen Anschuldigungen, wonach dieser mit der Gestapo zusammengearbeitet habe, räumte Petritsch ein, der frühere SPÖ-Kanzler habe "bei manchen Aussagen alle Grenzen überschritten." Man dürfe aber nicht den innenpolitischen Hintergrund des Streits übersehen. Außerdem habe Wiesenthal nie gegen Kreisky gerichtete antisemitische Ausfälle der ÖVP kritisiert. Es sei jedenfalls "in der Hitze des Gefechts" vieles gesagt worden, "was man nicht auf die Goldwaage legen" dürfe.

Fragwürdige Rolle von Heinz Fischer

Zurückhaltend äußerte sich Petritsch zur Rolle des damaligen SPÖ-Klubobmanns und jetzigen Bundespräsidenten Heinz Fischer. Dieser hatte mit der Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gegen Wiesenthal gedroht und diesen damit veranlasst, eine Verleumdungsklage gegen Kreisky wegen der Gestapo-Vorwürfe zurückzuziehen. Diesen Vorschlag könne man jetzt im Nachhinein in seiner voller Dimension nicht als gute Entwicklung bewerten, so Petritsch.

Segev sagte, er habe im Zuge seiner Recherchen zu seiner Wiesenthal-Biografie um ein Gespräch mit Fischer gebeten, aber keinen Termin erhalten. Der Sprecher des Bundespräsidenten habe ihm lediglich schriftliche Unterlagen zukommen lassen. Offenbar sei es Fischer "peinlich" gewesen, über diese Sache zu reden.

Bei der Buchpräsentation kam auch die Affäre um Kurt Waldheim zur Sprache, vor den sich Wiesenthal lange Zeit schützend gestellt und ihm bescheinigt hatte, ein anständiger Mensch und kein Nazi zu sein.

Diese Tatsache kann der ehemalige Chefredakteur der "Jerusalem Post", Ari Rath, Wiesenthal bis heute nicht verzeihen, wie er betonte. Wiesenthal habe die Lügen Waldheims über dessen Kriegsvergangenheit gedeckt und sei mit den Nachfolgern der Christlich-Sozialen im Bunde gewesen, die schon vor dem Anschluss eine antisemitische Haltung eingenommen hätten.

(APA)

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