Verkehr

Paket gegen Raser: Reichen die Verschärfungen?

Die Maßnahmen zielen vor allem auf die Tuning- und illegale Autorenn-Szene ab.
Die Maßnahmen zielen vor allem auf die Tuning- und illegale Autorenn-Szene ab.imago images/Revierfoto
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Ministerin Leonore Gewessler legt ein Maßnahmenpaket bis hin zur Beschlagnahme der Autos von Tunern und illegalen Rennfahrern vor. Einige angekündigte Verschärfungen kommen aber nun doch nicht.

Auf den heimischen Straßen hatten Rasern bisher vergleichsweise freie Fahrt: So sehr, dass mitunter Auto-Tuner und Geschwindigkeitsfanatiker aus Nachbarländern über die Grenze kamen, um auf hier ihre illegalen Rennen zu fahren.

Und, „um die lasche Gesetzeslage bei uns auszunützen“, so Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP), der mit Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) das Maßnahmenpaket gegen Raserei ausgehandelt hat, das am Mittwoch durch den Ministerrat gegangen ist.

Schließlich hat die zunehmende Raserei tödliche Folgen: 2020 wurden 338 Verkehrstote gezählt. Die Zahl war Lockdown-bedingt niedrig, 2019 waren es 416 Tote, in gut 30 Prozent der Fälle war die Unfallursache nicht angepasste Geschwindigkeit. Besonders gegen extreme Raser, illegale Rennfahrer und Wiederholungstäter wurde nun ein Fünf-Punkte-Paket vorgelegt: Der Strafrahmen für Raser wird von 2180 auf 5000 Euro erhöht.

Beschluss bis zum Sommer geplant

Die Führerscheinentzugsdauer auf mindestens sechs Monate verdoppelt. Außerdem wird ein neues Delikt „illegale Straßenrennen“ eingeführt, das mit sechs Monaten Führerscheinentzug und in Wiederholungsfällen mit einer verkehrspsychologischen Untersuchung bestraft wird. Auch soll bei Wiederholungstätern eine Beschlagnahme des Autos ermöglicht werden, kündigt Gewessler an.

Die ersten vier Punkte sollen noch vor dem Sommer in Kraft treten. Der Fahrzeugentzug soll bis Ende des Jahres beschlossen werden. Hier sind noch Details zu klären: Etwa, was passiert, wenn das Auto jemand Drittem gehört, ob ein Fahrzeug nur temporär oder, wie etwa in der Schweiz, dauerhaft beschlagnahmt wird. Eine positive verfassungsrechtliche Stellungnahme, dass eine Beschlagnahme möglich sei, liege aber vor.

Kritik an „Minimalprogramm“

Diese Maßnahme wende sich besonders an die Tuner- und Raser-Szene, die sich stark mit dem eigenen Auto identifiziert, so Schnöll. Gewessler legt mit dem Paket wie angekündigt (und schon lange gefordert) einen Fokus im Ministerium auf das Thema Sicherheit. Aber reichen die Maßnahmen aus?

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) begrüßt das Paket, es sei aber ein „Minimalprogramm, das Menschenleben kostet“, so KFV-Direktor Othmar Thann. Gegen Raser fordert er etwa auch eine deutliche Senkung der Grenzwerte für Führerscheinentzug oder einen bundeseinheitlichen Strafkatalog. Darüber hinaus sei ein rigideres Vorgehen gegen Drogen am Steuer, eine Reduktion der Sicherheitsrisiken für Kinder oder ein Ausbau des Einsatzes technischer Assistenzsysteme dringend notwendig.

Auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) begrüßt die Verschärfungen – kritisiert aber, dass zentrale angekündigte Punkte fehlen: Schließlich hatte Gewessler selbst mehr angekündigt, als nun im Ministerrat beschlossen wurde:

Die im Herbst 2020 angekündigte Senkungen der Grenzwerte für Führerscheinabnahmen um je zehn km/h kommt nicht. Die Grenze wäre dann bei einer Überschreitung um mehr als 30 km/h innerorts und um 40 km/h außerorts gelegen. Das ist ebenso wenig vorgesehen wie die Ankündigung, dass Rasen zum Vormerkdelikt wird: Das wäre für Tempoüberschreitungen von je zehn km/h unter der Schwelle zum Führerscheinentzug geplant gewesen.

Gewessler kündigt weitere Maßnahmen an

Gewessler kündigt aber weitere Maßnahmen in Sachen Sicherheit an: In Arbeit sei die österreichweite Vereinheitlichung der Strafen. Im Ministerium arbeite man außerdem an der Verkehrssicherheitsstrategie 2021 bis 2030 – mit der man auf das Ziel, null Verkehrstote, hinarbeiten will.

Oft als Vorbild genannt wird hier die Schweiz: Im Schnitt der vergangenen drei Jahre gab es in der Schweiz 25 Verkehrstote pro Million Einwohner, Österreich liegt mit 47 Toten pro Million im Mittelfeld Europas (EU-Schnitt: 52). Die Schweiz setzt vor allem beim Tempo an, Rasern drohen auch mehrjährige Haftstrafen. Das sei hierzulande nicht geplant, so Gewessler, man bleibe bei Strafen nach dem Verwaltungsrecht.

(cim)

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