Affäre

AK sieht bei Hygiene Austria Lohndumping

CORONA: HYGIENE AUSTRIA / FFP2-MASKE
CORONA: HYGIENE AUSTRIA / FFP2-MASKEAPA/HANS KLAUS TECHT
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Von 200 Beschäftigten sollen nur elf fix angestellt gewesen sein. Lohnabrechnungen zeigen Auszahlungen unter dem Kollektivvertrag.

Im Skandal um die Maskenfirma Hygiene Austria, ein Gemeinschaftsunternehmen von Lenzing und Palmers, ermittelt die Staatsanwaltschaft nicht nur wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs, sondern auch der Schwarzarbeit. Nur wenige Beschäftigte sollen fix beim Unternehmen beschäftigt gewesen sein, der Rest bei vier Leiharbeitsfirmen. Ehemalige Leiharbeiter fühlen sich um den Lohn geprellt und haben sich an die Arbeiterkammer Wien und Niederösterreich gewandt.

„Die Leute waren bei unterschiedlichen Leiharbeitsfirmen beschäftigt und waren bei der Sozialversicherung entweder nicht gemeldet oder sie sind zum Teil nicht oder zu wenig bezahlt worden", sagte Arbeitsrechtsexpertin Andrea Ebner-Pfeifer von der Arbeiterkammer Wien zum „Kurier". „Zum Teil haben sie Lohnabrechnungen, die einen Lohn unter dem Kollektivvertrag ausweisen. Es liegt also Lohndumping vor."

Sechs Euro pro Stunde

Der „Kurier" zitiert einen Arbeiter damit, sechs Euro netto pro Stunde bekommen zu haben, später hätte er zehn Euro erhalten sollen. Doch nach 14 Tagen Arbeit sei Schluss gewesen. „Ich habe keinen Cent und keinen Arbeitsvertrag erhalten", zitiert die Zeitung den Arbeiter.

Die hohe Zahl an Leiharbeitern gegenüber Angestellten hätte schon viel früher ins Auge springen müssen, so die AK. "Das Verhältnis von 200 Leiharbeitern gegenüber elf fix angestellten Dienstnehmern bei Hygiene Austria in Wiener Neudorf ist mehr als auffällig. Das deutet darauf hin, dass hier von Anfang an nur kurzfristige Gewinne im Mittelpunkt standen und kein langfristiger Betrieb geplant war", sagte Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich, laut "Kurier".

Zunehmender Sozialbetrug

Auch die Finanzbehörde registriert einen Anstieg des Sozialbetrugs. „Ich kann leider bestätigen, dass das Phänomen des Sozialbetrugs im Zunehmen ist", sagte Finanzministeriumssprecher Johannes Pasquali. Im Schatten des Lockdowns können sogenannte Scheinfirmen länger unentdeckt agieren. Meist findet man diese Machenschaften auf dem Bau und im Baunebengewerbe. Aber immer öfter treten windige Geschäftsleute als Arbeitskräfteüberlasser auf den Plan.

Zwei der vier Leiharbeiterfirmen, mit denen Hygiene Austria gearbeitet hat, stehen auf der Liste der Scheinfirmen im Finanzministerium. Eine dritte wird von der Gewerkschaft PRO-GE als „äußerst dubios" bezeichnet.

(APA)

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