Britische Medien

Rücktritt und Abgang nach Interview in der Medienwelt von Harry und Meghan

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BRITAIN-US-ROYALS-HARRY-MEGHAN(c) APA/AFP/BEN STANSALL (BEN STANSALL)
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Wie wirkt sich das Interview von Harry und Meghan auf die britische Medienwelt aus? Es gibt erste personelle Konsequenzen.

Die von Herzogin Meghan und Prinz Harry erhobenen Rassismus-Vorwürfe in ihrem Interview mit Oprah Winfrey treffen nicht nur das britische Königshaus. Auch in der britischen Medienbranche verhallen diese nicht ungehört – es gibt auch personelle Konsequenzen. Der Chef des britischen Journalistenverbands Society of Editors, Ian Murray, ist zurückgetreten. Dem Verband war nach einer ersten Stellungnahme zu dem Interview des Paares vorgeworfen worden, Rassismus herunterzuspielen. Er wolle den Weg freimachen, damit die Organisation "ihren Ruf wiederherstellen" könne, teilte Murray am Mittwochabend mit.

Zuvor hatte der Branchenverband Society of Editors Meghan und Harry vorgeworfen, die Fragen und Kommentare zu ihrer Rolle in der royalen Familie als "rassistisch missverstanden" zu haben. "Die britischen Medien haben nie gescheut, einen Scheinwerfer auf die Mächtigen, Berühmten und Einflussreichen zu richten. Wenn die Fragen manchmal merkwürdig oder beschämend sind, dann ist das eben so, aber die Presse ist definitiv nicht rassistisch", sagte Verbandschef Murray.

Daraufhin hatten sich mehr als 160 Journalisten in einem offenen Brief gegen den Branchenverband gewandt. "Wir, die unterzeichnenden 'Journalists of Colour', die in britischen Medienorganisationen arbeiten, bedauern das Statement der Society of Editors und weisen es zurück, weil es die Existenz von Rassismus und Engstirnigkeit in der britischen Presse leugnet", hieß es in dem Brief. Als "People of Colour" - oder in diesem Fall "Journalists of Colour" - bezeichnen sich Menschen, die nicht als weiß oder westlich wahrgenommen werden. In der Liste der Unterschriften finden sich viele freie Journalisten sowie etliche Beschäftigte des "Guardian".

Aggressiven Ton gegenüber Migranten und Minderheiten

Meghans persönliche diskriminierende Erfahrungen seien kein Einzelfall, betonen die Journalisten in ihrem offenen Brief: Vielmehr würden sie die traurige Realität widerspiegeln, wie Schwarze und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten Tag für Tag in britischen Medien abgebildet würden. Studien - unter anderem die einer EU-Behörde sowie der Universität Cardiff - hätten der britischen Presse einen aggressiven Ton gegenüber Migranten und ethnischen Minderheiten bescheinigt.

Die Society of Editors meldete sich am Mittwoch erneut zu Wort: Man wisse, dass noch viel getan werden müsse, um Diversität in den Medien zu stärken - und wolle daran arbeiten, "Teil der Lösung" zu werden. Murray räumte nun ein, das erste Statement sei nicht deutlich genug gewesen. Als Vorsitzender trage er dafür die Verantwortung. Mit seinem Rücktritt zog der nun die Konsequenz.

Piers Morgan schmiss hin

Murrays Abgang war nicht der einzige, den das Interview aufgelöst hat. Der Moderator Piers Morgan schmiss seinen Job als Moderator der Sendung "Good Morning Britain" auf ITV hin, nachdem er für seine Aussagen über Meghan angegriffen wurde. Am Montag äußerte er Zweifel an dem Bericht Meghans über ihre Suizid-Gedanken während ihrer Zeit am Palast. Der Sender bekam daraufhin mehr als 40.000 Beschwerden von Zuschauern.

Am nächsten Morgen kam es vor laufender Kamera zum Eklat, weil der Wetteransager Alex Beresford dem Moderator ins Wort fiel. Er kritisierte Morgans Benehmen und warf ihm vor, Meghan aus persönlicher Eitelkeit anzugreifen. Morgan stürmte daraufhin aus dem Fernsehstudio und gab später seinen Ausstieg aus "Good Morning Britain" bekannt.

Die Methoden des Boulevard

Harry und Meghan hatten in ihrem Interview gesagt, dass die britischen Medien eine entscheidende Rolle beim Rückzug des Paares aus dem Königshaus gespielt haben. Harry hatte mehrfach erklärt, er wolle verhindern, dass sich die tragische Geschichte seiner Mutter wiederhole. Prinzessin Diana war von der britischen Presse massiv verfolgt worden und starb, als ihr von Paparazzi gejagter Wagen in Paris in einem Tunnel an einen Pfeiler raste.

Die britischen Boulevardmedien reagierte erstaunlich zurückhaltend auf das Interview. Dass diese Zurückhaltung bleiben wird oder es echte Konsequenzen in der Boulevardpresse geben wird, darf bezweifelt werden – das dürfte sich an Morgans weiterer Karriere ablesen lassen. In den Neunzigern war er Chefredakteur der Boulevardzeitung "News of the World". Die inzwischen eingestellte Zeitung steht wie keine andere für die brachialen und teils illegalen Methoden der britischen Boulevardpresse. Sie wurde 2011 eingestellt, nachdem ihr Ruf irreparabel beschädigt war, weil bekannt wurde, dass sie illegal tausende Prominente abgehört hatte - auch die britische Königsfamilie.

Spekulationen über einen neuen Job für Morgan

Dass Morgans Karriere einen Knick bekommt, wird nicht erwartet. Spekuliert wird, dass er zu dem neuen Nachrichtensender GB News wechseln wird, der in Kürze seinen Betrieb aufnehmen soll. Dessen Vorsitzender, Journalismus-Veteran Andrew Neil, hatte angekündigt, mit dem neuen Sender Zuschauer anzusprechen, die sich "außen vor und nicht gehört" fühlen. Dass es sich bei GB News um eine britische Version von Fox News handeln solle, will Neil aber nicht hören.

Auf Twitter freute sich Morgan am Donnerstag darüber, mit seinem Abgang bei "Good Morning Britain" die Konkurrenz von der BBC in den Zuschauer-Quoten geschlagen zu haben. Damit habe er "sein einziges Ziel" erreicht.

(APA/dpa/Re.d)

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