Coronavirus

Dänemark und Norwegen pausieren Impfungen mit AstraZeneca

(c) APA/AFP/MIGUEL MEDINA (MIGUEL MEDINA)
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Eine geimpfte Person starb laut dem dänischen Gesundheitsministerium an einem Blutgerinnsel. Eine vorübergehende Sperre gibt es auch in Norwegen - und auch Italien untersucht den Impfstoff nach einem Todesfall.

Dänemarks Behörden setzen die Impfungen des schwedisch-britischen Impfkonzerns AstraZeneca für 14 Tage aus. Zuvor hatte es einen Todesfall wegen eines Blutgerinnsels in Dänemark gegeben, der in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung steht. Laut der Tageszeitung „Jyllands Posten“ hat die Europäische Arzneimittelbehörde eine Untersuchung eingeleitet.

142.102 Dänen haben bislang das Vakzin erhalten. Die Sperre für AstraZeneca ist befristet. Dänemark ist nun schon das sechste Land, das die Verwendung der Vakzine des schwedisch-britischen Konzerns für eine zeitlang aussetzt. Neben Estland, Litauen, Luxemburg und Lettland zählt dazu auch eine Charge in Österreich. 

In Österreich waren in den vergangenen Tagen ein Todesfall und zwei Krankheitsfälle mit einem zeitlichen Zusammenhang mit der ersten Teilimpfung mit AstraZeneca bekannt geworden. Am Mittwochabend hatte die Arzneimittelbehörde der Europäischen Union bekannt gegeben, dass sie bisher keine Hinweise dafür habe, dass der Todes- sowie ein Krankheitsfall auf Impfungen mit dem Vakzin zurückzuführen wären.

Eine Vorsichtsmaßnahme

Die dänische Regierungschefin, Mette Frederiksen, bestätigte persönlich vor Reportern vor einem Krankenhaus im dänischen Herlev, dass die Verabreichung des AstraZeneca-Impfstoffs ausgesetzt werde. Diese Nachricht sei ärgerlich, da man unheimlich abhängig davon sei, dass alle geimpft würden. Gesundheitsminister Magnus Heunicke sprach ebenso wie die Gesundheitsverwaltung von einer Vorsichtsmaßnahme. Die Vorfälle sollten gründlich untersucht werden, schrieb er auf Twitter.

Nach Behördenangaben wird der Stopp zunächst 14 Tage dauern, danach wird geschaut, wie es weitergeht. Es sei wichtig zu unterstreichen, dass man den AstraZeneca-Impfstoff nicht ablehne, sondern die Verabreichung pausiere. Es sei gut dokumentiert, dass das Mittel sowohl sicher als auch effektiv sei. Man müsse jedoch auf Berichte zu möglichen ernsthaften Nebenwirkungen reagieren.

Norwegen zieht nach

Neben Dänemark setzt auch Norwegen die Impfungen mit dem AstraZeneca-Vakzin bis auf Weiteres aus. Das teilte das norwegische Gesundheitsinstitut FHI am Donnerstag mit. Der Schritt erfolge als Vorsichtsmaßnahme, wurde hinzugefügt. Nach der Meldung eines Todesfalls in Dänemark in Verbindung mit einem Blutgerinnsel nach einer Impfung mit dem AstraZeneca-Vakzin wolle man Informationen abwarten, ob ein Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und dem Fall bestehe, sagte der für den Infektionsschutz zuständige FHI-Direktor Geir Bukholm auf einer Pressekonferenz in Oslo. Wie zuvor die Dänen machten auch die Norweger deutlich, dass ein solcher Zusammenhang bisher nicht festgestellt worden sei. Aus Vorsicht unterbreche man die Impfungen mit dem Astrazeneca-Mittel jedoch, während die Untersuchungen liefen, sagte Bukholm.

Diese Pause bedeute aber nicht, dass man von Impfungen mit dem Mittel von AstraZeneca in Zukunft abrate. Wie lange die Unterbrechung währen soll, ist unklar. In Norwegen haben bisher rund 122.000 Menschen das AstraZeneca-Vakzin erhalten. Sie werden vom FHI gebeten, sich nicht unnötig Sorgen zu machen. Wenn sich ein Zusammenhang zwischen Impfstoff und Blutgerinnsel herausstelle, würde dies eine äußerst seltene Nebenwirkung darstellen, hieß es in einer Behördenmitteilung.

Italiener ziehen Charge ein

Eine Untersuchung des AstraZeneca-Impfstoffes gibt es auch in Italien. Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Syrakus hat dort Ermittlungen gegen zehn Personen wegen Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit dem Tod eines 43-jährigen Marine-Offiziers aufgenommen. Der Mann war am Mittwoch nach einem Herzstillstand in seiner Wohnung gestorben, einen Tag, nachdem ihm der AstraZeneca-Impfstoff injiziert worden war. Der Militärangehörige wurde mit einer Charge geimpft, die von der italienische Pharmabehörde Aifa am Donnerstag vom Markt genommen wurde.

Die Ermittlungen betreffen unter anderem das Gesundheitspersonal im Militärkrankenhaus in Syrakus, das den Offizier geimpft hatte. Die Leiche des Mannes solle obduziert werden, berichteten die Justizbehörden. Die Pharmabehörde hatte die AstraZeneca-Charge ABV2856 gestoppt, nachdem auf Sizilien drei Fälle von Thrombosen nach Impfungen gemeldet worden waren. Aifa beschloss am Donnerstag, die Charge des AstraZeneca-Impfstoffes auf gesamtstaatlicher Ebene aus dem Markt zu nehmen. Der Beschluss wurde gefasst, nachdem einige "gravierende Fälle" nach Verabreichung des Impfstoffes gemeldet worden waren. Experten wurden beauftragt, die Impfstoff-Charge zu prüfen.

Zwei Militärangehörige auf Sizilien sollen in den vergangenen Tagen gestorben sein, nachdem sie die erste AstraZeneca-Impfdosis erhalten hatten, hatten italienische Medien zuvor berichtet. Ermittlungen wurden außerdem wegen des Todes eines Mitarbeiters einer Schule im Raum von Neapel aufgenommen, der am Montag immunisiert worden und kurz darauf gestorben war. Vergangene Woche war eine 62-jährige Lehrerin in Neapel nach der Impfung verstorben.

FPÖ fordert Stopp

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) müsse es Dänemark gleichtun, forderte FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer. "Bis alle Untersuchungen seriös abgeschlossen sind, muss AstraZeneca generell aus dem Verkehr gezogen werden." Es sei unerlässlich, dass Menschen, die sich für eine Corona-Impfung entscheiden, großes Vertrauen in die verwendeten Impfstoffe haben. Kritik gab es auch von FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp.

Im EU-Land Dänemark mit seinen gut 5,8 Millionen Einwohnern haben bisher rund 560.000 Menschen ihre erste Corona-Impfdosis erhalten, knapp 220.000 auch ihre zweite. Bisher haben etwa 142.000 Menschen ihren ersten Stich mit dem AstraZeneca-Vakzin bekommen. Bei mehr als 70 Prozent der bisher verabreichten Impfungen kam das Vakzin von Pfizer/Biontech zum Einsatz, in vier Prozent das von Moderna. Die Impfkampagne ist in Dänemark zügiger als in den meisten anderen Ländern Europas angelaufen.

AstraZeneca gab sich in einer ersten Reaktion zunächst zurückhaltend. Man sei sich der dänischen Entscheidung bewusst, sagte ein Sprecher des britisch-schwedischen Pharmakonzerns. "Die Sicherheit des Impfstoffs ist in klinischen Phase-III-Studien ausführlich untersucht worden und die von Experten begutachteten Daten bestätigen, dass der Impfstoff generell gut verträglich ist", hieß es auf Anfrage.

Auch Österreicherin starb an Gerinnungsstörung

Vergangene Woche war eine 49-jährige Krankenschwester des Landesklinikums Zwettl in Folge schwerer Gerinnungsstörungen gestorben, eine 35-jährige Kollegin entwickelte eine Lungenembolie, befand sich zuletzt jedoch auf dem Weg der Besserung. Bei diesen beiden Fällen in Niederösterreich hatten die betroffenen Frauen zuvor Impfungen aus derselben Charge erhalten.

Auch wenn zunächst kein kausaler Zusammenhang ausgemacht worden war, wurde vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen die betreffende Charge aus dem Verkehr gezogen und eine Untersuchung des Todesfalls veranlasst, die noch im Gang ist. Fast gleichzeitig wurde zudem der Fall einer Krankenschwester (51) in Graz bekannt, die zehn Tage nach Erhalt der Impfung - allerdings aus einer anderen Charge - ebenfalls eine Lungenembolie erlitten hatte. Sie wurde bereits aus dem Spital entlassen, auch hier ist ein Zusammenhang mit dem AstraZeneca-Wirkstoff nicht belegt.

(zot/APA)

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