Lokalkritik

Testessen in Sattlerei, Five Guys, XO Grill und Nihonbashi

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Wir machen einen auf Großstädter: Lassen London besser links liegen, riechen wie New York im Traum und essen den Fisch wie in Tokio.

Unsere Großeltern mussten sich für Brot anstellen, nun machen wir das offenbar wieder. Vor den Delikatessen-Bäckern, deren Preise sie zu den neuen Apothekern machen, standen die Hipster-Qualitätskunden auch schon vor der Pandemie Schlange. Ich bestelle immer handgeschrotetes 16-Korn-Brot, das heißt zwar nichts, aber klingt ernsthaft interessiert. Wo es sich übrigens lohnt anzustehen, ist in der Heinestraße 25: Jürgen und Michaela Sattler haben dort mit der Sattlerei ein gar wunderschönes Restaurant eröffnet, das momentan mit Sandwiches (Eierspeis, Vorarlberger Bergkäse sowie knuspriger Schweinebauch) überzeugt.

Eine Schlange bildete sich auch täglich vor der eben eröffneten Five-Guys-Burgerkette am Graben. In London lasse ich die eigentlich immer aus, aber für Sie habe ich mich brav eingereiht. Einmal in das Lokal vorgedrängelt, bewundere ich die Bilder britischer Prominenter, die für die Burger werben und offenbar sehr positive, fast sexuelle Erlebnisse beim Verzehr derselben hatten. Das macht neugierig, ich bestelle für das Elf-Euro-Modell ganz viele Zusatztoppings, was die Wartezeit verlängert, die ich mit vielen Fahrrad­boten teile. Offenbar war mein Modell sehr kompliziert, denn als ich den Burger endlich anbeißen will, ist er schon wieder erkaltet. Aber das Fleisch und die Saucen schmecken, Burger eben. Besser und um fast genau denselben Preis gibt es Burger von den Jungen Foodies Timo Ahrens und Valentin Gruber-Kalteis, die Fleisch der alten Kuh mit großartigem Senfkaviar und Taleggio abschmecken. Der Grill ist so intensiv und die Abluft so vorsintflutlich, dass die halbe Gumpendorfer Straße in köstliche Rauchschwaden gelegt wird. So habe ich mir immer den Geruch New Yorks vorgestellt. (Das riecht aber dann ganz anders.)

Apropos coole Großstadt

Einen wirklich guten Japaner habe ich viel zu spät für mich entdeckt, der am toten Ende der Kärntner Straße in einem kleinen Design-Tempel untergebracht ist. Einst scheiterte dort ein angesagtes Szenelokal nach kurzer Zeit. Das Nihonbashi, das nach einem zentralen Bezirk und einer Brücke in Tokio benannt ist, bietet wirklich gutes, frisches Sushi und die üblichen empfehlenswerten Udon-Nudelsuppen, die gut gewürzt sind. Wirklich großartig ist aber Karei Saikyou Yaki, ein süßlich mariniertes Heilbuttfilet, das der kulinarische Höhepunkt der Woche wird. Sollten Sie übrigens in den nächsten Wochen Ecke Kärntner Straße und Karlsplatz einen Herrn erblicken, der mit einem Heilbutt in der Hand eine Schlange bildet: Das bin ich, während ich auf die Wiederer­öffnung der Karaoke-Bar im Nihonbashi-­Keller warte.

Die Sattlerei, Heinestraße 25, 1020 Wien.

XO-Grill, Gumpendorfer Str. 31–33, 1060 Wien.

­Nihon­bashi, Kärntner Str. 44, 1010 Wien.

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