Impf-Skepsis

Experten betonen: Kein Zusammenhang zwischen AstraZeneca und Thrombosen

CORONA: PK INITIATIVE 'OeSTERREICH IMPFT'
Thomas Szekeres (Österr. und Wiener Ärztekammer), Elisabeth Potzmann (Österr. Gesundheits- und Krankenpflegeverband), Herwig Kollaritsch ('Österreich impft'-Sprecher) und Ulrike Mursch-Edlmayr (Österr. Apothekerkammer).APA/ROLAND SCHLAGER
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Statistisch gesehen kommen unter 130.000 Menschen - so viele wurden in Österreich bisher mit AstraZeneca geimpft - 3,7 thromboembolische Ereignisse vor.

Die Skepsis gegen den Impfstoff von AstraZeneca hält weiterhin an, mehrere Todesfälle werden mittlerweile mit dem Vakzin in Verbindung gebracht. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Gerinnungsstörungen und der Impfung von AstraZeneca besteht aber nicht, betonten die Experten der Initiative "Österreich impft“ am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. "In England sind zehn Millionen Menschen mit AstraZeneca geimpft, im Rest Europas fünf Millionen. Es hätte schon sehr auffallen müssen, wenn es einen Zusammenhang gibt", sagte dazu Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres.

Herwig Kollartisch, Epidemiologe und Mitglied des nationalen Impfgremiums, erläuterte in diesem Zusammenhang die Hintergrundinzidenz in der Altersgruppe der 20- bis 64-Jährigen. Rund 130.000 Menschen wurden in Österreich bisher mit AstraZeneca geimpft.

Vergleicht man diese Gruppe nun mit 130.000 Menschen, die noch nicht geimpft wurden, hätten unter diesen laut Statistik 3,7 Personen ein thromboembolisches Ereignis erlitten, erläuterte Kollaritsch. "Das kommt auch in der normalen, ungeimpften Bevölkerung vor", sagte der Experte. In ganz Europa mit fünf Millionen Geimpften habe es bisher derartige Ereignisse nur bei 30 Personen gegeben. "Auch die Berechnung der Mortalität liefert keinen Hinweis darauf, dass es bei Geimpften häufiger auftritt", betonte der Mediziner.

8000 Fälle jährlich

Je 1.000 Einwohnern tritt pro Jahr ein Fall von Thrombose und Lungenembolie auf, sagte auch der Präsident der Gesellschaft für Internistische Angiologie (ÖGIA), Thomas Gary, am Freitag im Gespräch mit der APA. Das sind in Österreich etwas mehr als 8.000 Fälle jährlich. Nach Impfungen gegen Corona gebe es "keine Häufung der venösen Thrombosen und Lungenembolien", betonte er. Der Mediziner sprach sogar indirekt von einem "Schutz vor thrombotischen Ereignissen durch die Impfung".

Bei schwer Covid-19-Kranken gebe es eine Rate von Thrombosen und Lungenembolien von über 50 Prozent, erläuterte Gary. Die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Krankheit führe zu Entzündungen und in weiterer Folge zu thrombotischen Einlagerungen, die sich als Lungenembolien darstellen. Auf der Pathologie gebe es sogar Studien, die 100 Prozent thrombotische Ereignisse bei schweren Covid-Verläufen zeigen, sagte der Experte von der Klinischen Abteilung für Angiologie der Medizinischen Universität Graz. Alle bisher in der EU zugelassenen Corona-Impfstoffe schützen jedoch sehr gut vor schweren Verläufen.

Mehr Todesfälle ohne Impfstoff

Sowohl Kollaritsch, Szekeres als auch Gary sprachen sich aber für genaue Untersuchungen der Vorfälle aus. Zu hundert Prozent ausgeschlossen werden könne ein Zusammenhang nicht. Tatsache sei aber, dass man bei einer Aussetzung der Impfung in Österreich "eine hohe Infektionszahl und Todesfälle bewusst in Kauf nehmen“ würde, warnte der Epidemiologe Kollartisch. Es müsse immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung gemacht werden, die in dem Fall deutlich für AstraZeneca spreche.

"Der Ruf von Astrazeneca ist ramponiert, das ist gar keine Frage", konstatierte Kollaritsch. Das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen, sei eine Sisyphusaufgabe. Dass die Produktionsqualität der Impfstoffe im Zusammenhang mit den Todesfällen eine Rolle spielt, glaubt er nicht. Sowohl der Hersteller als auch die EU prüft jede Charge, bevor sie freigegeben wird, sagte der Epidemiologe.

Eine 49-jährige Krankenschwester des Landesklinikums Zwettl war in Folge schwerer Gerinnungsstörungen gestorben, eine 35-jährige Kollegin entwickelte eine Lungenembolie, befand sich zuletzt jedoch auf dem Weg der Besserung. Bei diesen beiden Fällen in Niederösterreich hatten die betroffenen Frauen zuvor Impfungen aus derselben Charge erhalten. Auch wenn zunächst kein kausaler Zusammenhang ausgemacht worden war, wurde vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) die betreffende Charge aus dem Verkehr gezogen und eine Untersuchung des Todesfalls veranlasst, die noch im Gang ist. "Die Charge wurde noch einmal überprüft, das war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Tatsache ist, dass man nichts gefunden hat", bekräftigte Kollartisch.

Weitere Untersuchungen

Szekeres verwies auch darauf, dass in Österreich primär Gesundheitspersonal geimpft wurde und Thrombosen in der Gesamtbevölkerung gehäuft bei Frauen auftreten. Außerdem gebe es in diesem Zusammenhang eine Assoziation mit der Einnahme der Pille und genetischer Veranlagung.

Wie Kollartisch weiter ausführte, laufen im Zusammenhang mit den Todesfällen in Österreich und Italien noch Untersuchungen, Ergebnisse wird es erst in Tagen oder Wochen geben. "Aber auch dann werden wir keine absolute Sicherheit haben, ob hier ein Zusammenhang bestehen könnte, das ist keine exakte Wissenschaft", sagte der Experte. Allerdings werde man eine "entsprechend hohe Wahrscheinlichkeit anbieten können".

Nachschub bei Wohnzimmertests

Alle Experten betonten bei der Pressekonferenz am Freitag einmal mehr, dass mit der Impfung das Ende der Pandemie in Sicht gestellt werden kann. Wie die Präsidentin der Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr, außerdem ausführte, finden in den heimischen Apotheken jeden Tag zahlreiche Aufklärungsgespräche bezüglich der Impfungen statt. Im Pandemiejahr waren die Apotheken eine wichtige Anlaufstelle, "Ort der Beratung für die Bevölkerung, Ort des Vertrauens und Ort der Sicherheit". Seit die Apotheken auch die Gratis-Schnelltests durchführen, wurden 1.500 Infizierte gefunden, was ein "großer gesundheitspolitischer Erfolg" sei.

Bei den kostenlosen Wohnzimmertests gab es Lieferprobleme, meinte auch Mursch-Edlmayr, der "Nachschub hat nicht ganz funktioniert". Nun sei dieser aber bereits in Auslieferung und soll über das Wochenende in den Apotheken wieder einzeln abgepackt werden. Somit soll die Bevölkerung "fließend nach und nach versorgt" werden können. Jeder Versicherte, der nicht von ELGA ausgetreten ist, hat Anspruch auf fünf Gratis-Tests im Monat.

Auch der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) unterstützt die Impf-Initiative. ÖGKV-Präsidentin Elisabeth Potzmann appellierte an ihre Kollegen, die "Chance zur Impfung wahrzunehmen, auch in einer Rolle als Vorbild."

(APA)


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