740 Millionen Euro ließen sich bei harmlosen Erkrankungen einsparen – sagen die Apotheker.
WIEN(APA/red.). Bei „leichten Befindlichkeitsstörungen und Bagatellerkrankungen“ wollen sich die Apotheker als Gesundheitsdienstleister vermehrt ins Spiel bringen. Der Staat solle das Fachwissen der Apotheker zu einer verstärkten, „kontrollierten Selbstmedikation“ nutzen. Was, so argumentiert Friedemann Bachleitner-Hofmann, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes, zu erheblichen Einsparungen für das Gesundheitswesen führen könnte. Wenn nur fünf Prozent der bisher verschreibungspflichtigen Medikamente in den rezeptfreien Markt übergeführt würden, spare das 740 Millionen Euro jährlich, errechnete Evelyn Walter vom Institut für pharmaökonomische Forschung in einer Studie. Der Großteil, nämlich 508 Millionen Euro, würde durch wegfallende Arztkonsultationen hereingebracht werden.
Der Apothekervertreter beteuerte zwar, dass es nicht um Rationierung gehe, sondern nur um eine Priorisierung wirklicher gesundheitlicher Probleme. Dennoch reagierten die Ärztevertreter naturgemäß empört. Die Apotheker begäben sich in eine Position, die ihnen nicht zukäme, erklärte Karl Forstner, der Präsident der Salzburger Ärztekammer. Man müsse nicht wegen jeder Befindlichkeitsstörung zum Arzt gehen. Aber Selbstmedikation zur Politik zu machen, sei Unfug. Auch an einer Grippe könnten Menschen sterben: „Gar nicht so wenige Banalitäten führen zum Tod“, so Forstner. Rechtzeitig vom Arzt erkannte Krankheiten könnten Geld sparen. Durch den Vorschlag der Apotheker spare man nichts, man erkaufe sich nur Folgeprobleme.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2010)