Wildtierökologie

Herpesviren der Pferde bleiben in Wasser infektiös

Je weniger Wasser es gibt, umso enger kommen Nutz- und Wildtiere zusammen.
Je weniger Wasser es gibt, umso enger kommen Nutz- und Wildtiere zusammen.[ Chris Walzer ]
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In Trockenzeiten drängen sich Zebras oder Wildpferde und andere Tierarten um kleine und wenige Wasserstellen. Genau dort können sich Viren und weitere Krankheitserreger leicht ausbreiten.

Dass Viren die Artengrenze überspringen und im neuen Wirt umso gefährlicher sein können, wissen wir spätestens seit dem Coronavirus alle. Ein internationales Team mit Beteiligung der Vet-Med-Uni Wien hat nun Herpesviren bei Pferden und ihren Verwandten (Equiden) untersucht. Im Journal Science of The Total Environmentpublizierten die Wissenschaftler, dass Übertragungen zwischen verschiedenen Tierarten an Wasserstellen in den Trockenzeiten sehr wahrscheinlich sind.

Die Forscherinnen und Forscher reisten zu zahlreichen Wasserstellen in Afrika und der Mongolei und entnahmen Proben von Wasser und Untergrund. „Man weiß aus früheren Studien, dass Zebras und andere Equide umso mehr Krankheitserreger abgeben, wenn sie gestresst sind“, sagt Petra Kaczensky, die an der Vet-Med-Uni Wien und in Norwegen an der INN-Universität forscht. In Trockenzeiten sind die Tiere freilich unter Druck, da es wenig Nahrung gibt. Zudem kommen sie an den wenigen Wasserstellen umso enger zusammen: Das Gedränge an den Lacken stresst die Tiere noch mehr, und Viren haben es umso leichter, in die Umwelt – und in die nächsten Tiere – zu gelangen.

Die Proben aus Kenia, Namibia und der Mongolei wurden auf Trockeneis gekühlt an die Teams in Berlin zur Analyse geschickt. Die Versuche in Laborschälchen mit Equiden-Zellkulturen zeigten, dass die Herpesviren im Wasser tatsächlich infektiös bleiben. „Normalerweise ist Wasser für Viren kein ideales Medium, da sich Viren außerhalb von Zellen nicht vermehren können und im Wasser den Elementen wie UV-Licht und Temperatur ausgesetzt sind. Aber diese ,Equinen Herpesviren‘ können sich dort halten und andere Tiere infizieren“, sagt Kaczensky, die auf die Ökologie von Wildpferden, Hauspferden und Wildesel in der Mongolei spezialisiert ist.

Diese drei Arten kommen in großen Teilen Asiens in überlappenden Gebieten vor. Im afrikanischen Untersuchungsgebiet waren es in der Studie Bergzebras und Steppenzebras, die sich an Wasserstellen labten. Gerade in Gegenden, wo sich Nutz-, Haus- und Wildtiere in Trockenzeiten nahe- kommen, ist es wichtig zu wissen, welche Krankheiten im Wasser übertragen werden können. „Während Equide mit den Herpesviren gut zurechtkommen und nur bei geschwächtem Immunsystem Krankheitssymptome bekommen, können die Erreger für andere Tiergruppen sehr gefährlich sein und sogar zu deren Tod führen“, erzählt die Wildtierökologin.

Die Idee des internationalen Forschungsteams ist nun, Wasserstellen in Trockengebieten für ein Langzeitmonitoring zu nutzen. Denn es ist leichter, dort Proben zu entnehmen als von allen vorkommenden Tierarten. „So ein Monitoring könnte frühzeitig sichtbar machen, welche Krankheitserreger an welchen Stellen wieder auftauchen oder ganz neu hinzukommen“, sagt Kaczensky.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2021)

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