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Die Nummer eins im Stangenwald

Behielt den Durchblick im Schneegestöber: Marco Schwarz fuhr in Kranjska Gora die entscheidenden Punkte nach Hause.
Behielt den Durchblick im Schneegestöber: Marco Schwarz fuhr in Kranjska Gora die entscheidenden Punkte nach Hause.APA/AFP/JURE MAKOVEC
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Marco Schwarz krönt den besten Winter seiner Karriere vorzeitig mit Slalomkristall. Ein Titel, der ihn seinem prophezeiten Weg näher bringt: Früher oder später Marcel Hirscher zu beerben.

Kranjska Gora/Wien. Es heißt, der Fahrstil spiegle die Persönlichkeit wider. Und tatsächlich könnte mit Blick auf die Weltcupelite nichts zutreffender sein. Siehe Marco Schwarz. Da wackelt nichts, da rutscht nichts, da gibt es keine übermütigen Einlagen oder Beinahe-Ausfälle. Das sind geradlinige, grundsolide Schwünge, die den Anschein erwecken, als würden sie dem Rennläufer spielend leicht von der Hand gehen. Sogar Slalomrivale Ramon Zenhäusern, der sich Schwarz am Ende geschlagen geben musste, meinte: „Es schaut so locker aus, wie er das macht.“

In dieser Art und Weise bewegte sich Schwarz durch den Slalomwinter, auf und abseits der Piste. Er gewann in Schladming und Adelboden, fuhr in Alta Badia, Zagreb, Chamonix und zweimal in Flachau aufs Podest. Insgesamt sieben Stockerl in zehn Rennen, eine bemerkenswerte Konstanz, schließlich besteht ein Slalom aus zwei Läufen mit jeweils rund 70 Richtungswechseln. Mehr als genug Möglichkeiten also, für Innenskifehler oder um einzufädeln.

„Schweizer Uhrwerk“

Schwarz' Krönung am Sonntag in Kranjska Gora fiel zumindest stilistisch dann doch ein wenig anders aus. Der slowenische Skiort ist bekannt für tückische Verhältnisse, dieses Mal war der Rennhang eine Mischung aus Salzpiste, Regen, feuchtem Schneegestöber, schlechter Sicht und zunehmend tieferen Rinnen, kurzum eine „Wandlpartie“ (Manuel Feller).

Schwarz, bei dem im Training vergangene Woche starke Rückenschmerzen aufgetreten waren und der den Riesentorlauf am Vortag ausgelassen hatte, reichte ein siebenter Platz. Seine beiden Läufe, aggressiv begonnen, aber dann taktisch klug und ohne allzu großes Risiko ins Ziel gebracht, sicherten ihm schon vor dem Weltcupfinale die Slalomgesamtwertung. Und während Clément Noël und Victor Muffat-Jeandet einen französischen Doppelsieg bejubelten und der drittplatzierte Schweizer Zenhäusern, der letzte verbliebene Schwarz-Rivale, den Österreicher lobte („Konstant wie ein Schweizer Uhrwerk“), sprach der Kärntner im Zielraum von einem Kindheitstraum, der in Erfüllung gegangen sei. So, wie er das auch nach seinem jüngsten Erfolgslauf bei der WM in Cortina (Kombigold, Riesentorlaufbronze) getan hatte: Ruhig und gelassen, ein wenig ergriffen, aber keinesfalls überwältigt von Gefühlen und Eindrücken. „Eine brutale Gratwanderung. Von der Piste her, und der Rücken tut auch noch weh. Der schönste siebente Platz meiner Karriere.“ Die meiste Zeit aber brachte der 25-Jährige auf, um sich zu bedanken, bei der Familie, den Trainern, Serviceleuten – um Schwarz kümmert sich Ex-Shiffrin-Servicemann Kim Erlandsson – und Physiotherapeuten. „Bei so vielen, die hinter mir stehen.“

In Empfang nehmen wird der Mann aus Radenthein sein Slalomkristall in Lenzerheide, wo ab Mittwoch das Weltcupfinale in Szene geht. Zuvor wird sich Schwarz ein paar Tage Pause gönnen, den Rücken behandeln und dann tiefenentspannt zum Schaulaufen in die Schweiz reisen, mit dem Wissen, die beste Saison seiner Karriere gefahren zu sein. „Die war heuer richtig, richtig cool.“

Eine Saison auch, an deren Ende er sich als Slalomkugelgewinner an die Fußstapfen von Marcel Hirscher herangetastet hat. Jenes Mannes, nach dessen Rücktritt die Skination Marco Schwarz als Nachfolger und Hoffnungsträger für die großen Titel auserkoren hat. Nicht zu Unrecht jedenfalls. Hirscher hatte insgesamt gleich sechs Winter als Nummer eins im Stangenwald beendet, wenn auch mit weniger lockerem Fahrstil.



Slalom Kranjska Gora

1. Clément Noël (FRA) 1:47,51 Min.
2.
Victor Muffat-Jeandet (FRA) +0,62 Sek.
3. Ramon Zenhäusern (SUI) +0,71

Weiters: 4. Meillard (SUI) +0,90 5. Kristoffersen (NOR) +1,02 6. Feller (AUT) +1,18 7. Schwarz (AUT) +1,69 9. Gstrein (AUT) +1,87.

Slalomweltcup (10 von 11 Rennen): 1. Schwarz 625 2. Zenhäusern 503 3. Noël 473.

Gesamtweltcup (33 von 37 Rennen): 1. Pinturault (FRA) 1100 2. Odermatt (SUI) 1069 3. Meillard 760 4. Schwarz 754.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2021)

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