Nordirland: EU geht gegen Großbritannien vor

Graffiti against the Brexit border checks in relation to the Northern Ireland protocol at the harbour in Larne
Graffiti against the Brexit border checks in relation to the Northern Ireland protocol at the harbour in LarneREUTERS
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EU-Kommission leitet Verfahren wegen Bruch des Austrittsabkommens ein. Wegen der einseitig verkündeten Verlängerung der Übergangsfristen im Warenverkehr wirft Brüssel den Briten eine Verletzung des Brexit-Vertrags vor.

Brüssel. Der Waffenstillstand hat nicht einmal drei Monate gedauert: Am gestrigen Montag teilte die EU-Kommission mit, dass sie rechtliche Schritte gegen Großbritannien eingeleitet hat. Die Hoffnungen, dass nach dem Ende der Post-Brexit-Übergangsfrist zum Jahreswechsel die Beziehungen in ruhiges Fahrwasser kommen werden, dürften sich mit diesem Schritt definitiv zerschlagen haben.

Konkret geht die Brüsseler Behörde zweigleisig vor: Zum einen wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das – sofern die Briten nicht einlenken – vor dem Europäischen Gerichtshof landen wird. Parallel dazu aktivierte Brüssel durch einen Brief des für den Brexit zuständigen Kommissars, Maros Sefcovic, an sein britisches Gegenüber, David Frost, den im Brexit-Abkommen vereinbarten Streitschlichtungsmechanismus.

Wie so oft im Laufe der Brexit-Verhandlungen spießt es sich auch diesmal an Nordirland. Das von Brüssel und London mühevoll ausverhandelte Nordirland-Protokoll des Austrittsvertrags sieht nämlich vor, dass die britische Provinz im Nordteil der irischen Insel vorläufig an den Binnenmarkt der EU angedockt bleibt – vorläufig insofern, als die Nordiren nach einer Frist von fünf Jahren über die weitere Zukunft ihrer Provinz entscheiden sollen. Der Grund für diese Sonderstellung liegt im alten Konflikt zwischen probritischen Protestanten und republikanischen Katholiken, der 1998 durch das Karfreitagsabkommen entschärft werden konnte – unter der Voraussetzung, dass die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland künftig offen bleibt.

Um den Friedensprozess in Nordirland nicht zu gefährden, einigten sich Großbritannien und die EU im Herbst 2019 darauf, dass notwendige Kontrollen (etwa im Handel mit Lebensmitteln und Agrarprodukten) künftig zwischen Nordirland und Großbritannien stattfinden werden. Diese Kontrollen wurden unumgänglich, da London beschlossen hatte, im Zuge des Brexit aus dem Binnenmarkt und der Zollunion der EU auszutreten. Da das neue Regime eine große Umstellung darstellt, vereinbarten die Verhandler Übergangsfristen, in denen die Infrastruktur für die Warenkontrollen aufgebaut und Unternehmen auf den Umstieg vorbereitet werden sollten. Die erste dieser Fristen, die Handel mit tierischen Produkten betrifft, sollte Ende März zu Ende gehen.

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