Impfstoff

EMA-Direktorin weiterhin "überzeugt" von Nutzen von AstraZeneca-Impfstoff

Impfampullen.
Impfampullen.(c) imago images/Jochen Eckel (Jochen Eckel via www.imago-images.de)
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Österreich stellt sich gegen den Trend, die Impfung mit AstraZeneca auszusetzen. Das Impfgremium ist vorerst für eine Fortsetzung. Die EMA prüft noch die Daten, für Direktorin Cooke würden die Vorteile die Risiken überwiegen.

Österreich trotzt dem europäischen Trend (nun setzen auch Deutschland, Frankreich und Italien Impfung mit AstraZeneca aus) und wird einstweilen weiter mit dem diskutierten Vakzin impfen. Eine entsprechende vorläufige Empfehlung sprach am Montagabend das nationale Impfgremium aus. Die Beratungen sollen am Dienstag weitergehen. Weil noch Daten fehlten, könne man keine "abschließende Empfehlung" abgeben, hieß es in einer Aussendung. Das Burgenland hat am Dienstag bekannt gegeben, zwei Wochen ausschließlich Vakzine von Moderna und Pfizer/Biontech zu verimpfen. AstraZeneca-Impfstoff sei momentan aber auch gar nicht auf Lager, es handle sich dabei nicht um ein aktives Aussetzen.

Über ein Dutzend Länder, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, haben die Impfungen mittlerweile ausgesetzt. Zuletzt entschieden sich auch Schweden, Zypern oder Luxemburg für einen Impfstopp. Deutschland gab am Dienstag bekannt, den Impfstoff aufbewahren zu wollen. Man werde das AstraZeneca-Vakzin einmal lagern und abwarten.

Vonseiten der europäischen Arzneimittelagentur EMA hieß es am Dienstag, man untersuche mögliche Nebenwirkungen und Folgen wie Blutgerinnsel, aber im Moment sei man überzeugt, dass die Vorteile der Impfung die Risiken von Nebenwirkungen überwiegen, sagte EMA-Direktorin Emer Cooke bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag. Ein offizielles Statement war ursprünglich am Donnerstag zu der Causa geplant.

Cooke betonte, dass eine Situation wie diese nicht unerwartet sei. Wenn man Millionen Menschen impfe, sei es unausweichlich, dass man seltene oder ernsthafte Vorkommnisse von Erkrankungen habe, die nach der Impfung auftreten. Die EMA prüfe nun, ob dies tatsächlich eine Nebenwirkung sei oder Zufall. Es brauche dazu eine wissenschaftliche Bewertung. "Wir müssen die Fakten zuerst haben." Vorher könne man nicht zu einer Schlussfolgerung kommen.

„Sicher und extrem gut"

Der britische Premierminister Boris Johnson verteidigte das in seinem Land schon millionenfach verwendete Corona-Vakzin als "sicher". "Dieser Impfstoff ist sicher und wirkt extrem gut", schrieb Johnson in einem am Dienstag veröffentlichten Beitrag für die "Times". Er werde an zahlreichen Orten "von Indien bis zu den USA ebenso wie in Großbritannien hergestellt" und auf der ganzen Welt eingesetzt.

Der Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat den vorläufigen Stopp für Impfungen mit AstraZeneca in Zweifel gezogen. "Dass Menschen Thrombosen und Lungenembolien bekommen, muss nicht unbedingt etwas mit der Impfung zu tun haben", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. Auch der britische Experimentalmediziner Peter Openshaw verurteilte die Aussetzung scharf.

Anschober sieht keinen Beweis für Zusammenhang

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Gründe) hatte schon vor der Stellungnahme eine "raschestmögliche, klare Stellungnahme von den europäischen Behörden für ein gemeinsames gesamteuropäisches Vorgehen".

Derzeit gebe es laut Anschober keinen Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von AstraZeneca und den aktuell diskutierten gesundheitlichen Ereignissen, "die auch bei ungeimpften Personen auftreten können".

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer forderte unterdessen erneut den "sofortigen Stopp" der AstraZeneca-Impfungen. Nach den "immer häufiger auftretenden Komplikationen" müsse Österreich nachziehen.

Deutschland, Italien, Frankreich, Portugal setzen aus

Deutschland argumentierte den vorläufigen Impfstopp mit dem Mittel der britisch-schwedischen Firma, dass nach neuen Meldungen über Thrombosen der Hirnvenen im Zusammenhang mit der Impfung weitere Untersuchungen notwendig seien. Der Chef der italienischen Arzneimittelaufsicht (Aifa) Magrini sagte, die Entscheidung seines Landes zur Aussetzung der Impfungen sei politisch motiviert gewesen. Die Aifa werde zwei bis drei Tage benötigen, um alle erforderlichen Daten zu sammeln. Sobald alle Zweifel ausgeräumt seien, "können wir schneller weitermachen als zuvor". 

Auch Spanien und Slowenien entschieden sich für ein Aussetzen: Der Impfstoff werde bis zur endgültigen Entscheidung der EMA vorläufig nicht mehr eingesetzt, sagte der slowenische Gesundheitsminister Janez Poklukar. Spanien will seine Impfkampagne mit den Dosen von AstraZeneca "für mindestens zwei Wochen" unterbrechen, sagte Gesundheitsministerin Carolina Darias. Nach Berichten über Komplikationen durch Blutgerinnsel nach der Impfung hatten zuvor die Niederlande, Irland, Dänemark, Norwegen und Island den Einsatz vorübergehend ausgesetzt.

Auch Portugal setzt Impfungen mit dem Wirkstoff von AstraZeneca zunächst aus. Die Direktorin der Gesundheitsbehörde DGS, Graca Freitas, erklärte am Montagabend, in ihrem Land habe es keinen bekannten Thrombose-Fall gegeben, wie er bei dem Impfstoff geprüft werde.

Tschechien und Polen verimpfen AstraZeneca weiter

Tschechien und Polen setzen die Verabreichung des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca wie Österreich vorerst nicht aus. "Der positive Nutzen des Impfstoffs ist unleugbar - und es gibt keinen Grund für Befürchtungen", sagte Gesundheitsminister Jan Blatny nach einer Kabinettssitzung am Montag in Prag. Zugleich versicherte er, dass man die jüngsten Vorfälle in anderen Ländern und ihre Untersuchung sehr sorgfältig verfolge.

Die Impf-Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden am Dienstag über den Impfstoff von AstraZeneca beraten. Das Aussetzen von Impfungen in verschiedenen Ländern war aus Sicht der WHO noch kein Alarmzeichen. Die Vorfälle seien nicht notwendigerweise auf das Impfen zurückzuführen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag in Genf.

Das Pharmaunternehmen AstraZeneca wollte in einer Aussendung am Nachmittag vor dem Hintergrund der jüngsten Berichte im Zusammenhang mit thrombotischen Ereignissen deutlich machen, "dass der Covid-19-Impfstoff gemäß eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sicher ist". "Die Sicherheit ist von höchster Bedeutung und das Unternehmen überwacht kontinuierlich die Sicherheit seines Impfstoffes", hieß es.

(APA/Red.)

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