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Wochenlang abgängig: Tansanias Präsident John Magufuli ist tot

APA/AFP/MICHELE SPATARI
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Der Staatschef ist nach offiziellen Angaben im Alter von 61 Jahren an Herzversagen gestorben. Er war seit Wochen aus der Öffentlichkeit verschwunden und es gibt Gerüchte über eine Corona-Erkrankung. Magufulis Umgang mit der Pandemie war umstritten.

Tansanias Präsident John Magufuli ist tot. Der 61-Jährige sei am Mittwoch im Alter von 61 Jahren in einem Krankenhaus in der großen Küstenstadt Daressalam an Herzversagen gestorben, teilte Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassan mit.

Zuvor hatte seine längere Abwesenheit in der Öffentlichkeit (seit Ende Februar) Spekulationen über eine Corona-Erkrankung befeuert. Die kenianische Zeitung „The Nation" hatte Anfang März berichtet, dass ein seit längerer Zeit „abgängiger" afrikanischer Staatsführer in Nairobi wegen Covid-19 behandelt werde, auf der Intensivstation des privaten Nairobi Hospitals. Das Blatt berief sich auf politische und diplomatische Quellen, gab aber Name und Herkunft der Person nicht an. Journalisten konnten den Bericht weder verifizieren noch widerlegen. Später behauptete einer der wichtigsten Oppositionsführer Tansanias, der Anwalt Tundu Lussu von der konservativen Partei für Demokratie und Fortschritt, Magufuli sei von Nairobi in ein Spezialspital in Indien verlegt worden und liege im Koma.

Impfen, eine „Verschwörung der Weißen"

Der seit 2015 amtierende, im Vorjahr wiedergewählte Staatschef hatte lange die Existenz von Covid-19 in dem ostafrikanischen Land dementiert und die Gefahr durch Covid-19 heruntergespielt. Er hatte sich sogar zur Behauptung verstiegen, Impfungen seien generell Teil einer „Verschwörung des Westens“ bzw. „der Weißen“.

Neuinfektionszahlen veröffentlichte die frühere deutsche Kolonie mit ihren heute rund 58 Millionen Einwohnern und der formellen Hauptstadt Dodoma im Landesinneren seit Mai 2020 nicht mehr. (Nach dem Ersten Weltkrieg bis 1961 war Tansania britische Kolonie und Mandats/Treuhandsgebiet im Namen des Völkerbundes bzw. der UNO; 1964 kam Sansibar dazu.) Daher sind Tansanias Corona-Fallzahlen seither bei nur 509 Erkrankten und 21 Toten eingefroren. Lockdowns oder sonstige Maßnahmen gibt es kaum.

via REUTERS

Der Präsident litt laut Hassan unter einer chronischen Herzrhythmusstörung. Diese sei bereits vor mehr als zehn Jahren diagnostiziert worden. Magufuli, früher Lehrer für Mathematik und Chemie und auch in Chemiefirmen tätig, sei deswegen jüngst in ein Krankenhaus eingeliefert, entlassen und nach einer Verschlechterung seines Zustands am Sonntag erneut eingeliefert worden, sagte sie. Hassan verkündete eine 14-tägige Trauerzeit. Per Verfassung übernimmt nun die Vizepräsidentin das höchste Amt im Land bis zur nächsten Wahl 2025. Erst im vergangenen Jahr hatte Magufuli eine umstrittene Präsidentenwahl gewonnen.

Umstrittener Umgang mit Corona-Pandemie

Magufulis Umgang mit der Corona-Pandemie hatte in seiner Heimat sowie international für Kritik und Sorge gesorgt. Er stellte die Glaubwürdigkeit von Corona-Tests infrage und empfahl Gebete, Kräuter und Dampfbäder.

Magufuli - wegen seines kompromisslosen Führungsstils mitunter auch "Bulldozer" genannt - forderte das Gesundheitsministerium zur Vorsicht mit den im Ausland entwickelten Impfstoffen auf und stellte infrage, wie sie so schnell hätten entwickelt werden können. Anders als in vielen anderen afrikanischen Ländern, wo sich im Vorjahr per Flugzeug einreisende ausländische Urlauber erst in eine mehrtägige Quarantäne begeben mussten, öffnete er das ostafrikanische Land für den Tourismus.

Filmaufnahmen vom Jänner zeigen Magufuli bei einem Besuch des chinesischen Außenministers, Wang Yi. Dabei trugen beide keine Schutzmasken und Magufuli sagte, dies sei ein demonstratives Zeichen, dass es in Tansania Covid-19 nicht gebe. Die übrigen Gäste aus China trugen indes sehr wohl Masken.

Der im Exil lebende Oppositionspolitiker Tundu Lissu hatte jüngst über Twitter Spekulationen über eine Erkrankung Magufulis an Covid-19 befeuert. "Mit seiner zerstört am Boden liegenden Covid-Leugnerei hat sich seine Gebete-statt-Wissenschaft-Verrücktheit als tödlicher Bumerang erwiesen", schrieb er. Nach seinen Informationen war Magufuli schwer krank zunächst zur Behandlung in ein Krankenhaus der kenianischen Hauptstadt Nairobi und danach nach Indien gebracht worden. Ministerpräsident Kassim Majaliwa aber wies Spekulationen um eine Covid-19-Erkrankung zurück und sagte, der Präsident arbeite weiter an Plänen für die Entwicklung des Landes.

Polarisierender Staatschef

Magufuli polarisierte in dem ostafrikanischen Land. Von Befürwortern wurde er unter anderem wegen seines starken und kompromisslosen Führungsstils, großer Infrastruktur-Projekte und Versprechen der Korruptionsbekämpfung unterstützt. Kritiker aber verurteilten seine zunehmenden Beschränkungen von Presse- und Meinungsfreiheit sowie seinen Umgang mit der Corona-Pandemie. Die Menschenrechtsbilanz in Tansania sei unter Magufuli stetig schlechter geworden, urteilte etwa die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW).

APA/AFP

"Dies ist ein beispielloser Moment für die Vereinigte Republik Tansania und einer, der uns alle zweifellos auf sehr persönliche Art und Weise bewegen wird", teilte Oppositionsführer Zitto Kabwe nach dem Tod Magufulis mit. Man werde den Präsidenten für seinen Beitrag zur Entwicklung Tansanias in Erinnerung behalten.

„Bei den Bürgern Tansanias"

Die US-Regierung drückte den Menschen in Tansania ihr Beileid aus. Der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price, erklärte, die USA würden die Menschen in Tansania weiter unterstützen, um sich für den Respekt der Menschenrechte, Grundfreiheiten und die Bekämpfung der Pandemie einzusetzen. "Wir hoffen, dass Tansania sich weiter auf dem Weg der Demokratie und des Wohlstandes bewegt", sagte er. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson twitterte nach dem Tod Magufulis, "meine Gedanken sind bei seinen geliebten Menschen sowie den Bürgern Tansanias". Tansania ist Mitglied des Commonwealth.

Magufuli wurde am 29. Oktober 1959 im westlichen Chato-Distrikt geboren und wurde zunächst Lehrer, bevor er an der Universität von Daressalam als Chemiker promovierte und dann in die Politik ging.

(APA/dpa/wg)

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