„Guter Plan“ oder Kampf um Strache-Wähler

Mareks „Arbeitspflicht“ hat es ÖVP-Bürgermeistern angetan, der SPÖ nicht.

WIEN (pri). Die „Keule gegen Sozialmissbrauch“, die Familienstaatssekretärin Christine Marek seit dieser Woche schwingt, hat den Bürgermeister von Wiener Neustadt gewissermaßen auf dem falschen Fuß erwischt. Marek möge ihm erklären, „welche gesellschaftliche Wertschöpfung es hat, wenn arbeitslose Akademiker Grünflächen pflegen, und was dann mit jenen Personen passieren soll, die diese Jobs jetzt machen“, unkt Bernhard Müller (SPÖ) zur „Arbeitspflicht“ für Bezieher einer Mindestsicherung.

ÖVP-Kollegen in den Gemeindeämtern sind von Mareks Plan hingegen angetan. Hans Hintner aus Mödling etwa hält ihn für „gut und diskussionswürdig“, weil der Staat das Recht habe, Beziehern der Mindestsicherung eine Gegenleistung abzuverlangen. Arbeit gäbe es genug: von der 24-Stunden-Betreuung bis zu Gärtnereiarbeiten.

Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager legt die Idee auf seine Gemeinde Klosterneuburg um: 20 Personen würden wochentags zur Schulwegsicherung gebraucht. Das Problem dabei sei, dass die Kosten für die paar Stunden Arbeit pro Tag nicht gedeckt werden könnten mit den karger werdenden Gemeindebudgets. „Deshalb würde uns eine solche Maßnahme helfen.“

Freigänger im Feuerwehrhaus

Jenseits der Donau, in Korneuburg, würdigt ÖVP-Stadtchef Christian Gepp Mareks Idee mit einem Beispiel. „Alte Schmiede“ nennt sich sein Pilotprojekt für Langzeitarbeitslose, das auf ein Jahr befristet ist. Sie pflegen Grünflächen oder helfen in Büros. Ein Viertel der Kosten trägt die Gemeinde, der Rest kommt vom AMS. „Man kann sehr wohl erwarten, dass jemand, der Geld vom Staat bezieht, auch eine Dienstleistung dafür erbringt“, findet Gepp. In Korneuburg würden derzeit Freigänger beim Reinigen im Feuerwehrhaus helfen: „Das funktioniert einwandfrei.“

Ingrid Salamon, SPÖ-Bürgermeisterin von Mattersburg, hält dagegen „nichts von Zwangsarbeit, und das sollten wir aus bekannten Gründen alle nicht.“ Mareks Motiv könnte sein, „dass sie Strache-Wähler zurückgewinnen will.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2010)

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