Management-Spezialisierungen

Mehr Ethik, weniger Marketing

Gilt auch für Manager: Man lernt nie aus – und man kann nie vernetzt genug sein.
Gilt auch für Manager: Man lernt nie aus – und man kann nie vernetzt genug sein.Getty Images
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Welche Experten der Markt der Zukunft braucht, und was bei der Wahl von Zusatz-Ausbildungen wichtig ist. Anregungen und Tipps für die richtige Auswahl.

Die Vorlieben sind bekannt: Während des Wirtschaftsstudiums favorisieren 80 Prozent der Studierenden den Bereich Marketing – was für eine Karriere sogar im Marketing nicht immer förderlich ist: „Zehn Jahre später bei der Besetzung der Marketing-Leitung kommen dann vielleicht noch zehn Prozent aus dem Bereich Marketing und 80 Prozent der Kandidaten aus dem Bereich Sales“, bringt es Günther Tengel, Geschäftsführender Gesellschafter und Chairman von Amrop Central & Eastern Europe, auf den Punkt. „Marketing ist immer noch der Traum vieler WU-Absolventen“, weiß auch Oliver Suchocki, Associate Partner von Ernst & Young Management Consulting, allerdings gingen viele bei diesem Traum von falschen Voraussetzungen aus. „Die großen Kampagnen sind in Österreich selten geworden“, so der Personalberater, weil diese häufig international produziert und dann für den heimischen Markt nur mehr abgerufen würden. Was also ist bei einem Betriebswirtschaftsstudium sinnvoll und welche Spezialisierungen braucht der Markt der Zukunft?

Ethisches Management

„Manager von morgen müssen sich in einer ganz anderen Welt bewegen, in der nicht nur Leistung, sondern auch Verantwortlichkeit eine ganz große Rolle spielen wird“, ist Valerie Höllinger, Geschäftsführerin und designierte Managing Director von Austrian Standards und ehemalige CEO des BFI, überzeugt. „Dafür würde es in den Betriebswirtschafts- und Jusstudien mehr Themen wie Diversity oder Inklusion brauchen“, sagt die Expertin. „Für Studierende ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, was Responsible Management länderübergreifend ethisch heißt.“ Neben diesen Faktoren sieht Höllinger auch in der Verbindung von Controlling und Logistik eine vielversprechende Zukunft. „Egal, wie man zu Amazon steht: Wenn man alles, was dieser Konzern gerade macht, kalkulieren kann und unter ethischen Grundsätzen umsetzen kann, hat man beste Voraussetzungen.“

Eine Entwicklung, die auch Suchocki prognostiziert. „Das Thema Green Deal wird enorm wichtig, von Förderungen bis zu Strafen wird es eine große Rolle spielen – entsprechend braucht es etwa für Themen wie Green Supply Chain ein anderes Verständnis.“ Darüber hinaus seien neben der Logistik auch Controlling oder Steuern eine gute Wahl. „Die klassischen Zahlengewerke sind immer hilfreich“, weiß der Berater, „außerdem nehmen Bereiche wie künstliche Intelligenz oder Computer Science weiter zu.“ Themen, für die es aus seiner Sicht universitär derzeit (noch) zu wenig Angebot in Österreich gibt, „mit Ausnahmen so hervorragender Studiengänge wie Innovationsmanagement von Prof. Franke an der WU oder Werner Hoffmanns SIMC (Strategy, Innovation and Management Control, Anm.).“Grundsätzlich sei die Wahl der Lehrenden ohnehin ein wichtiges Kriterium, aber nicht alles müsse immer gleich ein ganzer Studiengang sein – oft seien auch Add-ons oder Lehrgänge eine gute Alternative, um Kompetenzen in diesen Bereichen aufzubauen.

Sinnvolle Zusätze

Das unterstreicht auch Tengel, der grundsätzlich dafür plädiert, zwei Standbeine zu haben. „Ich bin ein extremer Anhänger davon, eine Brücke zwischen zwei Themen zu finden“, sagt der Personalberater. Das bedeutet aber nicht unbedingt ein Doppelstudium. Vielmehr sei es sinnvoll, etwa ein technisches Studium zu absolvieren und ein Semester BWL dazuzunehmen, denn Wirtschaft allein reiche später oft nicht aus. „Wenn wir Führungskräfte besetzen, müssen diese in ihrem Bereich gut sein und Mitarbeiter führen können“, sagt Tengel. „Allein fachlich gut zu sein hilft genauso wenig, wie nur gut führen zu können – denn dann hüpfen einem auf Dauer die Spezialisten etwas vor.“

MBA-Kriterium Alumni-Klub

Ein wenig an Bedeutung verloren hat der MBA (Master of Business Administration), der lang als Erfolgsgarantie galt. „Ein General-Manager-MBA hat zwar immer noch seine Berechtigung, aber nur in wirklich hoher Qualität“, betont Suchocki. Was nicht unbedingt bedeute, dass die Abschlüsse aus der Schweiz oder den USA stammen müssen, „aber auch nicht unbedingt aus dem Nahen Osten oder von Fern-Unis, die sind inzwischen inflationär“. Für Höllinger, die selbst einen MBA und einen MBL (Master of Business Law) hat, ist ein gut ausgewähltes MBA- oder MBS(Master of Business & Science)-Programm neben der Spezialisierung auch deshalb eine gute Entscheidung, weil damit oft der Aufbau eines hochkarätigen Netzwerks verbunden ist. „Es ist extrem hilfreich, Menschen um Rat fragen zu können, die einen noch aus der Zeit kennen, als man schwitzend einen englischen Vortrag vor einem Professor in Texas gehalten hat“, erklärt sie. „Die sagen einem nämlich auch einmal: ,Das ist Blödsinn, was du da vorhast.‘ Und das sagt einem ab einer gewissen Stufe sonst keiner mehr.“

Die Alumni-Klubs und Netzwerke gehören auch für Tengel zu den großen Assets der hochwertigen Programme. Man sollte sich bei der Entscheidung gründlich ansehen, wie sie agieren, mit welchen Firmen sie vernetzt sind – und wo. „Das wird oft unterschätzt“, sagt Tengel. „Österreicher, die einen Abschluss in den USA machen, kommen häufig nicht zurück, weil sie über diese Klubs Angebote in Asien oder Amerika bekommen – die häufig viel besser bezahlt sind.“ (SMA)

AUF EINEN BLICK

Nicht nur über den Tellerrand zu schauen, sondern diverse Gebiete miteinander verknüpfen zu können, gehört laut Experten zu den Skills und Themen der Zukunft. Experten in Sachen ethisches Management, Diversity und Inklusion sind ebenso gefragt wie zum Thema Green Deal, Green Supply Chain, Logistik, künstliche Intelligenz oder Computer Science sowie Innovationsmanagement. Als essenzielles Tool gilt auch die Vernetzungsfähigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2021)

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