Einst führten Fischer in der Lagune von Grado ein karges Leben. Heute ist sie Naturschutzzone. Und Standort eines Museums für Pier Paolo Pasolini, der hier mit Maria Callas drehte.
Nie erklang der Sopran der Sängerin in der Lagune. Dabei verbrachte Maria Callas während der Dreharbeiten zu „Medea“ im Sommer 1969 mehrere Wochen in der Inselwelt der oberen Adria. 14 Leinwandminuten entstanden, während die Crew in Grado im Hotel Argentina logierte und allmorgendlich zum Drehort aufbrach, zur winzigen Insel Mota Safòn. Sie spielte im Film, der recht frei der Tragödie des Euripides folgt, die Heimat des Zentauren Cheiron. Regisseur Pier Paolo Pasolini hatte sie beim Segeln mit einem Freund entdeckt, dem Maler und Autor Giuseppe Zigaina. Sofort identifizierte er sie als ideale Kulisse nicht für einen Ort, sondern eine Zeit: die Antike.
Abends schwelgten die Ensemblemitglieder in friaulischem Wein und Boreto al graisana, einer Spezialität, für die Fischer einst weniger edle Teile ihres Fangs verwendeten, dessen Geschmack Essig, Knoblauch und Pfeffer gnädig ummantelten. Dazu gab es weiße Polenta. Für die Filmleute durften es auch Aal oder Krebse sein. So nahm ein weiterer Arbeitstag, in dessen Verlauf man mit Fruchtbarkeitsriten und Zerstückelungen zu tun hatte, ein versöhnliches Ende.