Morgenglosse

Was wir vom Basar lernen können

Großer Basar in Istanbul: Ein Händler wartet auf Kundschaft.
Großer Basar in Istanbul: Ein Händler wartet auf Kundschaft. REUTERS
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Der Basar kam letztlich ungerechterweise in Verruf. Nicht zufällig hält sich diese Form des Marktes seit 400 Jahren.

Wer im Urlaub Basare, vornehmlich im Osten und Süden unserer Welt, kennengelernt hat, wird zumeist gute Erinnerungen damit verbinden. Außer man hatte das Gefühl, übers Ohr gehauen worden zu sein. Aber daraus sollte man lernen. Letzthin kam der Basar ungerechterweise in Verruf. Es werden nämlich höchst selten Vakzine auf den Ständen feilgeboten. Mit Basaren verbindet man Vielfalt, aber auch die ureigenste Form des Handelns. Nein, nicht den Einzelhandel, den wir von zu Hause kennen mit gesetzlich verordneter Preisauszeichnung für die Einzelhändler, mit klar regulierten Öffnungszeiten, einem schriftlichen Vertrag vielleicht noch, sondern mehr nach dem Motto „was wiegt’s, das hat’s“. 

Am Basar kommt es vor allem auf das Geschick des Käufers an, ob er einen guten Deal macht. Nicht allein das Produkt steht im Mittelpunkt, es geht auch darum, wer am Ende obsiegt oder sich als Sieger fühlt. Manchmal sind es beide, Käufer und Verkäufer, zumeist wird es wohl nur einer der beiden sein. Wahrscheinlich derjenige, der sein Gegenüber besser ausgehorcht hat, der sich besser vorbereitet hat, der besser über den Markt informiert ist oder der mehr Geduld bewiesen hat. Man kauft nicht immer gleich beim ersten Aufeinandertreffen.

Unsere Gesellschaft kann von Basaren lernen. Warum hält sich diese Form des Marktes seit 400 Jahren? Vielleicht, weil es Nahversorgung ist, weil es ein sozialer Treffpunkt ist, weil es mehr ist als nur ein Versorgungskauf. Basare starten ihren Betrieb, wenn der Anbieter glaubt „ready“ sein zu müssen, wenn es die Nachfrage hergibt. Der eine Stand beginnt um sechs Uhr, der andere erwartet sein Publikum erst gegen Mittag.

Basar kommt aus dem Persischen und heißt ganz einfach Markt. Dort, wo Angebot und Nachfrage, Verkäufer und Käufer aufeinandertreffen. Wir reden doch so gerne vom freien Markt und preisen diesen als die einzig seligmachende Form des Handels. Bitte, dann missbrauchen wir jetzt den Basar-Begriff nicht und finden für die „geheime“ Nachverteilung von Impfstoffen unter den EU-Staaten eine treffendere Bezeichnung.

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