Der Aufsichtsrat von MAN hat sich dafür ausgesprochen, das Werk in Steyr an Investor Siegfried Wolf zu verkaufen – oder zu schließen.
München/Wien. Ende kommende Woche wird sich das Schicksal des MAN-Werks in Steyr entscheiden. Denn dann soll die Belegschaft über einen Übernahmeplan abstimmen, den der österreichische Investor und frühere Magna-Chef, Siegfried Wolf, vorgelegt hat.
Eine erste Hürde zur Übernahme des Werks wurde am Freitag genommen. Bei einer Sitzung hat sich der Aufsichtsrat mehrheitlich dafür ausgesprochen, das Werk entweder an Wolf zu verkaufen oder wie geplant zu schließen. Ein im letzten Moment vorgelegtes Konzept eines Konsortiums um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) zur Übernahme und Weiterentwicklung des Werks blieb bei den Beratungen am Freitag unberücksichtigt.
In der MAN Zentrale in München ließ man schon vor der Sitzung keine Zweifel aufkommen, dass ausschließlich mit Wolf über eine mögliche Nachnutzung des Werks verhandelt werde. So wurde in einer Aussendung bekannt gegeben, dass Richard von Braunschweig (48) Mitglied der Geschäftsführung der MAN Truck & Bus Österreich GesmbH wird und den langjährigen Geschäftsführer Karl-Heinz Rauscher (60) ablöst. Von Braunschweig, der zuletzt die Übernahme der ebenfalls von der Schließung bedrohten Betriebsstätte Plauen durch den Sonderfahrzeugbauer BINZ maßgeblich begleitet hatte, soll auch ein ähnliches Modell für Steyr mit Wolf vorantreiben, „um eine Standortschließung zu vermeiden“.
Gehaltskürzung von 15 Prozent
Das Konzept von Wolf sieht vor, das Werk in Steyr mit seiner Firma WSA zu 100 Prozent zu kaufen und 1250 Mitarbeiter weiterhin zu beschäftigen (aktuell hat das Werk eine Stammbelegschaft von 1950 Mitarbeitern, insgesamt sind dort 2300 Menschen beschäftigt). Wolf plant unter der Marke Steyr die Produktion von vier Fahrzeugmodellen, die weltweit exportiert werden sollen. Die Palette reicht von kleinen Elektrobussen und Klein-Lkw bis zu Lieferwagen. Elektromobilität, Wasserstofftechnologie und autonomes Fahren seien auch zentrale Themen im Werk.
Weiter beabsichtige der Investor, der auch zehn Prozent am russischen Automotive-Unternehmen GAZ hält, die Kunststofflackiererei in Steyr weiterzuführen und jährlich bis zu 12.000 Fahrerkabinen für Lkw nach Russland zu liefern.
Jene Mitarbeiter, die übernommen werden, sollen allerdings auf bis zu 15 Prozent ihres Lohns verzichten. Begründet wird das damit, dass es hohe Überzahlungen zum Kollektivvertrag gebe. Dafür bekommen die Mitarbeiter beim Wechsel in den neuen Vertrag einmalig eine Prämie in Höhe von 10.000 Euro. Diese Zahlung sollen auch all jene Mitarbeiter erhalten, die aus dem Unternehmen ausscheiden müssen. Für sie soll es auch einen Sozialplan geben.
Ende der kommenden Woche soll die Belegschaft über den Vorschlag von Wolf abstimmen. Das Votum entscheidet, ob die Fabrik fortgeführt oder geschlossen wird.
MAN hat schon vor mehreren Monaten angekündigt, das Werk in Steyr im Rahmen eines konzernweiten Sparprogramms im Jahr 2023 zu schließen. Belegschaft und Politik pochen darauf, dass der Standort rentabel sei und dass es Verträge gebe, die einen Bestand bis 2030 garantieren sollen. Diese Verträge wurden von MAN aufgekündigt.
(Red./Ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2021)