Mein Samstag

Vom Winde verweht

Anstelle von „Ich hab gestern die X auf zwei (oder drei) Spritzer getroffen“, sagt man jetzt: „Ich bin gestern mit der X 12.000 Schritte gegangen.“
Anstelle von „Ich hab gestern die X auf zwei (oder drei) Spritzer getroffen“, sagt man jetzt: „Ich bin gestern mit der X 12.000 Schritte gegangen.“ (c) imago stock&people
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Jetzt habe ich diese Woche tatsächlich schon meinen zweiten Lockdown-Geburtstag erlebt. Natürlich war das Feiern, so wie es mit Kindern dankenswerterweise immer ist, trotzdem sehr sehr fein.

Ich habe zum Beispiel einen tollen Fischkuchen (fischig von der Form her, nicht vom Geschmack) und einen dieser coolen Hipsterrucksäcke bekommen, mit dem, wie es das Kind höchst charmant formuliert, „du so tun kannst, als wärst du jugendlich“. Sonst gab es noch eine Mini-Feier mit einer Freundin: coronakonform im Freien. Und statt abends im Gastgarten sitzend natürlich nachmittags spazierend an der Alten Donau.

Es scheint ewig her (wie auch diese 365 Tage zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown-Geburtstag eher wie mehrere Jahre scheinen), dass man sich einfach so an einem Tisch gegenübersitzt, sich anschaut und plaudert. Aktuell geht man ja mehr nebeneinander her, schaut nach vorn statt einander ins Gesicht. Und anstelle von „Ich hab gestern die X auf zwei (oder drei) Spritzer getroffen“, sagt man jetzt: „Ich bin gestern mit der X 12.000 Schritte gegangen.“ Meine Freundin und ich fast 16.000 übrigens. Damit wir dabei ja nicht zu viele Kalorien verbrennen, haben wir unterwegs Fish & Chips und Nachos vom Bootshaus besorgt, die uns auch nur teilweise vom sehr euphorischen Wiener Wind davongetragen wurden. (Die Alte-Donau-Raben steuern ob des vielen weggewehten und verstreuten Essens womöglich auf einen bedenklichen Body-Mass-Index zu.) Auch die erste Fuhre Plastiksektgläser, aus denen wir angestoßen haben, war schnell in die Gegend verweht, als Outdoor-Treffen-Profis hatten wir aber natürlich Ersatz-Plastiksektgläser mit. (Umweltpreis gewinnst du mit der To-go-Kultur natürlich keinen.) Tipp: Keinen Sekt, sondern Wein zum Anstoßen mitnehmen. Wenn du zuerst ein paar Tausend Schritte mit der Flasche im Rucksack gehst, ist der Wein dann so gut durchgeschüttelt, dass er wie Sekt schmeckt, beim Öffnen aber trotzdem nicht überschäumt. In diesem Sinne: Happy Birthday an alle, die jetzt schon wieder (nicht) feiern! Das Plastikglas immer gut festhalten!

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2021)

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