Die Spannungen steigen: Migranten und Asylwerber warten in einem Erstaufnahmelager im Viertel El Lasso in Las Palmas auf Gran Canaria.
Migration

Flucht und Migration - oder: Die Ruhe und der Sturm

Im Jahr der Pandemie und der geschlossenen Grenzen kamen um ein Viertel weniger Flüchtlinge und Migranten nach Europa als noch im Jahr zuvor. Doch während die Zahlen in Griechenland einbrachen, stiegen sie in Italien und Spanien an – und zwar trotz Coronakrise.

Auf dem Dorfplatz von Bademli sitzen alte Männer vor dem Teehaus in der warmen Nachmittagssonne. Ein lauer Wind weht vom nahen Meer her durch Olivenhaine und Zitronenbäume. Idyllische Ruhe liegt über dem westtürkischen Dorf. Der Frühling naht.

Nirgendwo zeigt sich in diesen Tagen jene Hektik, die vor Jahren in den kleinen Felsenbuchten herrschte, die hier die Küste zerklüften. Die griechische Insel Lesbos liegt nur rund 15 Kilometer entfernt. Das machte Bademli in der Westtürkei vor sechs Jahren zu einem Umschlagplatz für Schleuserbanden, die Menschen über das Meer in die Europäische Union bringen wollten. Im Jahr 2015 allein registrierte die UNO insgesamt rund 860.000 Menschen, die ihr Leben riskierten, um mit kleinen Booten von der Türkei auf die griechischen Ägäis-Inseln zu kommen.

„Einmal haben sie Leichen von sechs oder sieben ertrunkenen Kindern aus dem Wasser gezogen“, sagt Özer, der in Bademli einen Laden besitzt. „Das war schlimm. Inzwischen kommt keiner mehr. Und ich finde es gut, dass sie nicht mehr kommen.“

Fünf Jahre später begann die Pandemie.

Statt auf die Asylstatistik starrt Europa seither auf die Zahl der Infizierten. Viele Grenzen wurden im vergangenen Jahr auch für jene geschlossen, die ihr ganzes Leben lang über gültige Reisepapiere verfügt hatten. Der tägliche Streit über die Flüchtlinge geriet so aus dem Fokus.

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