Materialwissenschaft

Die Wärme der Sonne kann in Salz gelagert werden

Gayaneh Issayan verarbeitet Zeolith-Salz-Komposite zu kleinen Kugeln und Pellets.
Gayaneh Issayan verarbeitet Zeolith-Salz-Komposite zu kleinen Kugeln und Pellets.B. Plank/imBilde.at
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In Oberösterreich wird an Substanzen getüftelt, die für Solaranlagen als Langzeitwärmespeicher dienen. Eine Mischung aus Salz und porösen Mineralien verspricht, die Hitze aus sonnigen Tagen in der Kälte des Winters wieder reaktivieren zu können.

Während sich die meisten Menschen darüber ärgern, wenn der Salzstreuer feucht wird und daher das Salz nicht mehr rieselt, sehen Materialwissenschaftler darin simpel einen „exothermen Prozess“. Denn Salz gibt beim Feuchtwerden fast genau die gleiche Menge an Wärme ab (exotherm), die es beim Trocknen aufnimmt (endotherm).

Die Funktion des Wärmespeicherns bringt in einem Salzstreuer zwar wenig, kann aber für eine Zukunft mit starker erneuerbarer Energie wichtig sein. Denn bisher hat die umweltfreundliche Solarthermie noch das Problem, dass Wärme, die an sonnigen Tagen geliefert wird, nicht längerfristig gespeichert werden kann, um sie an kalten Tagen abzurufen. Doch genau das ist notwendig, wenn wir weg von CO2-emittierendem Heizen und Kühlen kommen wollen.

Einem Forscherteam an der FH OÖ im Campus Wels ist es nun gelungen, Salz mit natürlichem Zeolith so zu mischen, dass die Herstellung und Nutzung kostengünstiger und energiesparender wird. Dazu muss man wissen, dass synthetische Zeolithe als poröses Material stark beforscht werden, um Wärme aus Solaranlagen zu speichern. Diese künstlich hergestellten Zeolithe kommen aus der chemischen Verfahrenstechnik. Natürliche Zeolithe kennt man hingegen aus der Landwirtschaft, wo sie als bodenbildende Pellets in den Acker oder als Futtermittelzusatz in den Trog kommen. „Aber die Herstellung von synthetischen Zeolithen ist sehr energieaufwendig und die Herkunft der Produkte nicht immer nachhaltig“, sagt Gayaneh Issayan aus der Energieforschungsgruppe Asic der FH in Wels.

Mit Mitteln des Landes Oberösterreich (Efre/IWB) und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG entdeckte das Team, wie gut sich natürliche Zeolith-Mineralien mit Salzen kombinieren lassen. Nun sucht Issayan mit dem Institut für Polymerwissenschaften der Uni Linz nach der besten Mischung für Wärmespeicherung: „Wir wollen das Volumen so klein wie möglich halten, damit z. B. Mehrfamilienhäuser gemeinsam in einem kleinen Keller oder Heizraum die Wärme aus Solarthermie speichern können.“

Verteilte Salzpartikel klumpen nicht

Das Problem mit Salzen als alleinigem Speichermaterial ist, dass sie beim Aufnehmen der Feuchte zwar wunderbar Wärme abgeben, aber sie kennen kein Ende. „Salze nehmen so lang Wasserdampf auf, bis sie in Lösung gehen“, sagt Issayan. Außerdem sind Salze aggressiv gegen Metalle und erschweren durch diese Rostgefahr den Bau von kostengünstigen, umweltfreundlichen Anlagen.

Die Mischung der Salze mit den Zeolith-Mineralien hat aber vielversprechende Vorteile: Erstens haben verteilte Salzpartikel in dem porösen Material insgesamt eine größere Oberfläche. Zweitens schützt die stabile Struktur gegen Verklumpen der Salze. „Wir schauen genau, wo die Rohstoffe herkommen: Unsere Salze sind Reststoffe aus unterschiedlichen Produktionsverfahren. Und unsere Zeolithe sind europäische Tagebauprodukte“, sagt die Physikerin. Ihr ist wichtig, dass diese thermochemische Speicheranwendung nachhaltiger und energieschonender klappt als derzeitige Methoden.

Anstatt die Salze einfach in die Poren der Zeolithe zu imprägnieren, wo das Salz quasi die Löcher des Mineral-Schwammes füllen würde, granulieren die Oberösterreicher die Mineralien und Salze zu einem optimalen Komposit-Stoff. Bisher wurde eine bewährte Salzmischung aus einem Vorprojekt verwendet. Nun will Issayan die Systematik von unterschiedlichen Salzmischungen in großen Testreihen erkunden: „Je nach Art und Menge der verwendeten Salz-Ionen können wir unterschiedliche Materialeigenschaften erreichen.“

Die Zeolith-Salz-Komposite verarbeitet das Team zu kleinen grauen Kügelchen oder neuerdings auch in Pelletform. Führt man Wärme hinzu, trocknen die Salze darin. Wenn man die Wärme wieder herausbekommen will, muss man nur Wasserdampf hinzufügen. „Das geht bei winterlichen Umgebungsbedingungen, bei niedriger Temperatur und geringem Dampfdruck: Das System verbraucht dann weniger elektrische Energie beim Bereitstellen der Wärme als bisherige Technologien“, sagt Issayan.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2021)

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