Interview

Menschenrechte: "Wir müssen das Rad nicht jedes Mal neu erfinden"

Staus, Graffitis, Müll – die Corona-Demonstrationen hinterlassen ihre Spuren im Wiener Stadtbild. Die Teilnehmenden fühlen sich in ihren Freiheitsrechten beschnitten, missachten ihrerseits jedoch das Recht auf Gesundheit vieler anderer.
Staus, Graffitis, Müll – die Corona-Demonstrationen hinterlassen ihre Spuren im Wiener Stadtbild. Die Teilnehmenden fühlen sich in ihren Freiheitsrechten beschnitten, missachten ihrerseits jedoch das Recht auf Gesundheit vieler anderer.Lutz Jaekel / laif / picturedesk
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Gerd Oberleitner von der Universität Graz über Menschenrechte in Pandemiezeiten und ihre lokale Verankerung.

Die Presse: Viele der Corona-Demonstrierenden fühlen sich zu Unrecht in ihren Freiheitsrechten beschnitten. Wie würden Sie ihnen aus Menschenrechtssicht argumentativ begegnen?

Gerd Oberleitner: Nun, es gibt aus menschenrechtlicher Sicht nicht die Position zu sagen, alles muss frei sein, genauso wenig wie es die Position gibt, alles muss beschränkt sein. Der Absolutheitsanspruch, zum Schutz des Einzelnen alles zuzusperren, ist genauso wenig richtig wie der Absolutheitsanspruch all derer, die glauben, demonstrieren zu können, ohne auf Gesundheitsvorsorge Rücksicht zu nehmen. Es geht um einen Mittelweg.

Den zu finden, scheint schwer. Auch abseits verschwörungstheoretischer Verirrungen sorgte jüngst die geplante Novelle des Epidemiegesetzes mit ihrem restriktiven Veranstaltungsbegriff für breite Kritik etwa auch vonseiten der Volksanwaltschaft.

Es geht immer um die Verhältnismäßigkeit. Die Grenze ist eine sehr feine Linie. Es ist staatliche Pflicht, sowohl die Freiheit des Einzelnen zu wahren als auch Gesundheitsvorsorge für alle zu treffen. Den Verfassungsgerichtshof beschäftigen derzeit über 200 entsprechende Beschwerden. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen muss in jedem Fall sehr detailliert festgestellt werden.

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