Leitartikel

Joe Bidens außenpolitische Kaugummi-Strategie

US-Präsident Joe Biden.
US-Präsident Joe Biden.imago images/UPI Photo
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Der neue US-Präsident folgt einem prinzipientreuen Pragmatismus. Er will hart zu China und Russland sein, aber kooperieren, wo es Sinn ergibt. Putin einen Mörder zu nennen ist jedoch unprofessionell.

Der neuen US-Außenpolitik liegt ein Konzept zugrunde. Das ist schon einmal ein Fortschritt, auch wenn die Retro-Elemente unübersehbar sind. Joe Biden will zurück in die Zukunft: Die USA sollen wieder in die Hauptrolle als führende, berechenbare und verlässliche Supermacht schlüpfen. Im ersten Akt seiner Neuinszenierung verfolgt der 46. US-Präsident drei Ziele: Er möchte Allianzen wiederbeleben, die Vereinigten Staaten zurück in das Zentrum internationaler Organisationen führen und seinem Land wieder Respekt verschaffen.

Bidens wichtigste geopolitische Regieanweisung lautet jedoch, das aufstrebende Gegenmodell der Volksrepublik China in Schach zu halten. Und da folgt er dem Drehbuch, das Donald Trump aufgeschlagen hat. Unterschiede in der amerikanischen Peking-Oper sind bisher lediglich im Stil erkennbar: Biden legt es strukturierter an.

Müsste man der außenpolitischen Doktrin des neuen US-Präsidenten einen Namen geben, könnte sie so heißen: prinzipientreuer Pragmatismus. Bidens Ansatz ist differenziert. US-Außenminister Antony Blinken brachte es vor dem frostigen Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen, Wang Yi, auf den Punkt: „Das Verhältnis der Vereinigten Staaten mit China wird konkurrierend sein, wenn nötig; kooperativ, wenn möglich; und feindselig, wenn es sein muss.“ Blinken sprach in Anchorage schonungslos die bilateralen Problemzonen und auch die krassen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und Hongkong an. Im selben Atemzug nannte er Bereiche, in denen Zusammenarbeit in beidseitigem Interesse sei: vom Kampf gegen den Klimawandel bis zur Eindämmung der Atomaufrüstung im Iran.

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