Statistisch ist das eigene Zuhause der gefährlichste Ort für Frauen. Dennoch ist die Straße der Ort, an dem sich viele unsicher fühlen. Um das zu ändern, braucht es mehr als Stadtplanung.
Was gefährlich ist, und was sich „nur“ so anfühlt, sind zwei unterschiedliche Dinge. Statistisch gesehen ist der gefährlichste Ort für Frauen in Österreich immer noch das eigene Zuhause. Die meisten Morde an Frauen werden von ihren Partnern oder Ex-Partnern begangen. Gleichzeitig sind die meisten Gewaltopfer im öffentlichen Raum Männer.
Dennoch ist für den Großteil der Frauen das eigene Zuhause nicht der Ort, der ein Gefühl der Unsicherheit aufkommen lässt. Vielmehr denkt frau dabei an den öffentlichen Raum, besonders nachts: die schlecht beleuchtete Gasse, der dunkle Park oder eine uneinsichtige Fußgängerunterführung. So gut wie jede Frau kennt dieses Gefühl, das zu scheinbar intuitiven Verhaltensmustern führt: Den Schlüssel in der Manteltasche bereit haben, die Straßenseite wechseln, wenn Männer entgegenkommen oder den Blick senken, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Der öffentliche Raum ist immer noch keiner, in dem Frauen und Männer gleich auftreten. Das wurde zuletzt nach dem Mord in London deutlich. Denn zum Glück ist es auch in London die Ausnahme, dass Frauen am Heimweg ermordet werden. Was aber immer noch keine Ausnahme ist, sind die Kommentare, die daraufhin folgen. Warum war sie denn spät abends allein unterwegs, wurde da gefragt. Das „Kein Wunder“ haben viele noch schnell für sich behalten. Und vielleicht war es oft nicht einmal böse gemeint, sondern vielmehr ein Gedanke, wie man das denn verhindern hätte können.
Aber es ist ein Gedanke, der ein Weltbild offenbart (ähnlich wie der Hinweis, dass das Vergewaltigungsopfer einen Minirock getragen habe). Ein Weltbild, in dem Frauen ein Teil der Schuld gegeben wird, weil sie sich nicht richtig verhalten haben. Und ein Weltbild, das den öffentlichen Raum im Zweifel immer noch dem Mann zuspricht, in dem die Frau zwar geduldet ist, aber eben nur, wenn sie sich an die Spielregeln hält.
Diese Kommentare stärken auch dieses Gefühl der Unsicherheit. Denn was wir für gefährlich halten, wird auch stark davon beeinflusst, worüber wir als Gesellschaft debattieren. Wer einem Mädchen etwa einprägt, ja vorsichtig zu sein, erzeugt bei ihm ein Gefühl der Unsicherheit, allein weil es daran denkt, dass etwas passieren könnte.