Für die FPÖ mehren sich die Indizien, dass die Grünen eine entscheidende Rolle bei der Veröffentlichung des Ibiza-Videos gespielt haben. Erneut äußern sie Vorwürfe gegen Bundespräsident Van der Bellen.
Cui bono? Konkret: Wem nutzte die Veröffentlichung des Ibiza-Videos, das die türkis-blaue Regierung im Mai 2019 zu Fall gebracht und den damaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zum Rücktritt gezwungen hat? Das fragt sich die FPÖ - und hat am Montag Anhaltspunkte dafür präsentiert, dass „die Grünen mitten drin im Ibiza-Sumpf“ sind, und nicht nur „außen vor“. So nannte Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss, erneut die Kalendereinträge von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die belegen sollen, dass die Hofburg schon vorab von besagtem Video wusste. „Aber es geht heute um neue Erkenntnisse“. Konkret: Ein grüner Ex-Wahlkampfmanager soll das Material vorab gesehen haben.
Der einstige Wahlkampfmanager der Grünen, Joseph Mussil, soll - wie die „Presse“ bereits Ende Jänner berichtet hatte - nur wenige Tage vor Veröffentlichung des Ibiza-Videos den mutmaßlichen Drahtzieher der Aktion, Julian H., in einem Hotel in der Wiener Innenstadt getroffen haben und laut Vernehmungsprotokoll zumindest Ausschnitte aus dem Ibiza-Video gesehen haben. „Völlig ahnungslos“ soll sich dieser nach dem Treffen gezeigt haben - „das ist schon bemerkenswert“, so Hafenecker dazu. „Da wird man von einem Geheiminformanten zu einem Treffen gebeten und bekommt durch eine Spezialbrille Ausschnitte eines Videos gezeigt, die den Vizekanzler der Republik in einer durchaus peinlichen Situation zeigt. Da sollten bei jedem von uns die Alarmglocken schrillen, das fällt doch nicht in die Kategorie 'Alltag'“.
Außerdem hätte Mussil noch über zehn Monate „regen Kontakt“ zu Julian H. gehabt. Und das, wo dieser „per internationalem Haftbefehl gesucht wurde“. Die beiden hätten sich über die Messengerdienste Signal oder Threema ausgetauscht, bei denen sich die Nachrichten nach einer Zeit selbst löschen würden. „Und wir wissen nicht, was in diesen Nachrichten drinnen gestanden ist“, wunderte sich Hafenecker.
Heute sitzt Mussil im Kabinett des grünen Vizekanzlers Werner Kogler - was für Hafenecker zumindest „aufklärungswürdig" ist. Immerhin habe er beim interimistischen Justizminister auch Zugang zu Justizakten gehabt. „All diese Dinge sind für mich unvereinbar“, so der FPÖ-Nationalratsabgeordnete, er sei „schon gespannt“, ob Kogler sie wieder „weglächeln wird“ oder Stellung dazu beziehen werde, „in welchen Sumpf sie da hineingeraten sind und welche Rolle sie in diesem Sumpf gespielt haben."
Präsidentschaftskanzlei „wusste wesentlich mehr"
Nach wie vor vermutet Hafenecker, dass die Präsidentschaftskanzlei wesentlich mehr über das Ibiza-Video gewusst habe und das wesentlich früher. Laut einem Kalendereintrag aus der Hofburg gab es einen Tag vor dem Bekanntwerden des Materials einen Termin mit dem Betreff "Gerücht" und den betroffenen Personen. Die Hofburg nannte die Vorwürfe "absurd" und will diese nicht kommentieren. Eingebunden in die Geschehnisse sei damals Berater Martin Radjaby gewesen, ein damaliger Arbeitskollege Mussils bei einer Bank.
Weitere grüne Flecken in der Ibiza-Affäre sieht die FPÖ auch in der Person des Rechtsanwalts Georg Bürstmayr, der für seine Fraktion stellvertretend im U-Ausschuss sitzt. Obwohl er diesen zwar noch nie im Ibiza-U-Ausschuss gesehen habe, teile sich ausgerechnet er Kanzleiräumlichkeiten mit jenem Wiener Anwalt, der auch für Julian H. tätig sein soll, so der freiheitliche Fraktionsführer. Und das verleihe ihm die Möglichkeit, Zugang zu allen Akten zu bekommen, die den U-Ausschuss betreffen. Bürstmayr sei somit ein "U-Boot im U-Ausschuss".
Allesamt „Erkenntnisse“, denen die FPÖ auch weiterhin nachgehen werde, kündigte Hafenecker an. Auch jener, warum das Handy von Herrn Mussil noch nicht beschlagnahmt wurde, oder warum bei ihm noch keine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde. „Ich bin der letzte, der Minister Blümel in Schutz nehmen möchte, aber ich sage nur: In Österreich wurden Hausdurchsuchungen schon wegen weniger Tatsachensubstrat durchgeführt."
Für Hafenecker ist klar: Es offenbare sich hier ein tiefes Netzwerk in Zusammenhang mit der Ibiza-Geschichte, in das auch die Grünen verwickelt seien. Die Grünen hätten vom Platzen der Regierung und der „Ibiza-Bombe“ wesentlich profitiert, sagt er. Sie seien nicht nur ins Parlament zurückgekehrt, sondern direkt in die Regierung gelangt. Man werde intensiv weiterforschen, kündigt er an, und „Licht ins schwarz-grüne Dunkel bringen." Dabei werde es um Korruption, Parteifinanzierungsfragen und Käuflichkeit der Politik gehen. „Wir werden weitere Informationen zu gegebener Zeit präsentieren."
(bsch./APA)