„Schade, dass die Kirche ihre ohnehin fast gänzlich verschwundene Bedeutung weiter verspielt“, meint Gefängnisseelsorger Bernhard Haschka.
Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.
Mit wachsendem Interesse habe ich den Gastbeitrag des katholischen Publizisten Martin Kolozs vom 18.3. gelesen, offenbart er doch in konziser und treffender Weise gleichermaßen, wie katholischer Glaube in Reinkultur funktioniert und ein von der Wirklichkeit abgeschlossenes Lehrgebäudegebäude seine Glaubenswahrheiten generiert. Danke, ja genau so ist es, das unverfälschte katholische Weltbild – so fraglos einfach, so sicher und erhebend für die, die „drin“ sind, doch leider: nicht alle sind würdig ... (Bloß: Will da wer noch dabei sein?)
Wenn der blöde Zeitgeist nicht wäre, der weht doch glatt wo und wann er will! In früheren noch spannenden Zeiten des Theologisierens wurde er zumindest als Herausforderung gesehen, immer geprüft, oft integriert (z. B. semitisches Weltbild und antikes griechisches Denken?!), sogar die Bibel selbst ist keine abgeschlossene Offenbarung, sondern (auch) beeindruckendes Dokument einer theologischen Entwicklung.
Ja und erst die Gefühle – wo kommen wir denn da hin? Freilich, galten diese doch immer schon als Ärgernis im gottgefälligen Raum der Kirche! Seit Jahrtausenden scheitern die religiösen Systeme dieser Welt trotz beachtlicher Anstrengungen auf glorreiche Weise, menschliche Regungen in die Schranken zu weisen, auszumerzen, abzutöten – was hat der liebe Gott sich da nur gedacht?
„Die Wahrheit“ kann manchmal schon frei machen, aber so fest überzeugt zu sein, die Wahrheit - natürlich die alleinige - quasi gepachtet zu haben, führt leicht zu ausgeprägten Wahrnehmungs- und Sehstörungen, und dann „führen Blinde die Blinden“ in den Abgrund (vgl. Lk 6,39), ganz unsentimental ...
Schade, dass „katholisch“ immer wieder und noch immer oft mit „unchristlich“ bzw. unmenschlich gleichzusetzten ist, schade, dass die Kirche ihre ohnehin fast gänzlich verschwundene Bedeutung weiter verspielt. Der im NT oft als sehr feinfühlig beschriebene Zimmermannssohn aus Nazareth, der auch gern ein bisschen gezündelt hat, würde heute nicht nur - wie von manchen seiner Zeitgenossen - als „Fresser und Säufer“, sondern vermutlich auch als „Schwulenversteher“ beschimpft werden ... - Gott sei Dank!
Mag. theol Bernhard Haschka MAS,
Katholischer Gefängnisseelsorger,
2486 Pottendorf