Die Macht der Frauen

(c) Michaela Bruckberger
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Im schwedischen Parlament sind 47 Prozent der Abgeordneten Frauen, die Frauenerwerbsquote liegt bei 72 Prozent (in Österreich bei 66 Prozent). Der Einkommensunterschied liegt bei nur sechs Prozent.

In schwedischen TV-Krimis ist der Chef fast immer eine Chefin. Die Kommissare mögen Männer sein – irgendwer muss ja die Drecksarbeit machen–, aber befehligt werden die Herren von weiblichen Vorgesetzten.

Man kann lange über die Frage streiten, wie sehr das Fernsehen gesellschaftliche Realitäten abbildet oder fördert. Im Fall der schwedischen Krimis sind die Dinge allerdings ziemlich klar: Auch im richtigen Leben wird die Stockholmer Polizei von einer Frau geführt.

Seit Jahrzehnten blicken Feministinnen mit blankem Neid in Richtung Schweden, wo vieles längst umgesetzt ist, das in Österreich noch als Zukunftsvision gilt. Im schwedischen Parlament sind 47 Prozent der Abgeordneten Frauen, die Frauenerwerbsquote liegt bei 72 Prozent (in Österreich bei 66 Prozent), und die schwedischen Männer erledigen mehr Hausarbeit als ihre Kollegen in irgendeinem anderen Land Europas.

Besonders groß ist der Unterschied zwischen Schweden und Österreich bei den Einkommen. Die völlige Gleichstellung von Männern und Frauen glückte auch den Skandinaviern bis jetzt nicht, aber der Unterschied liegt dort (für gleiche Arbeit) nur bei sechs Prozent. In Österreich verdienen Frauen um rund 15 Prozent weniger. Das schwedische Modell verpflichtet Betriebe, alle drei Jahre einen Gehaltsvergleich anzustellen. Darauf basierend muss ein Aktionsplan erstellt werden, um vorhandene Ungerechtigkeiten zu beseitigen.

Ganz ohne Zwang geben auch die schwedischen Männer ihre Pfründe nicht her. Weil es bisher nicht gelang, in den Aufsichtsräten für Geschlechterparität zu sorgen, droht Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt nun mit schärferen Gesetzen. Sollte sich der Frauenanteil bis 2014 nicht wenigstens verdoppeln (von derzeit 18 Prozent), werde eine verpflichtende Quote eingeführt, sagte Reinfeldt. Vorbild ist Norwegen, das mit derselben Maßnahme großen Erfolg hatte.

Seit 1999 ist käuflicher Sex in Schweden verboten. Bei Verstößen werden aber nicht die Prostituierten bestraft, sondern nur ihre Freier. Ausgerechnet eine Frau würde dieses Verbot jetzt gerne kippen: Camilla Lindberg, Abgeordnete der liberalen Volkspartei, tritt für ein Ende der Kriminalisierung ein. Den Prostituierten werde damit nicht geholfen, findet sie. Eine Diskussion sei aber schwierig: „Der Feminismus ist in Schweden Staatsreligion.“

(Rose - "Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2010)

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