Paradies der Mütter und Väter

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22 Prozent der schwedischen Väter gehen in Karenz. Im europäischen Vergleich ein Spitzenwert, der nur von Island übertroffen wird.

Auf Kungsträdsgården, dem Park gegenüber dem Stockholmer Schloss, schieben an sonnigen Tagen auffällig viele junge Männer ihre Kinderwägen durch die Grünanlage. Ein paar davon mögen Kindergärtner sein, die meisten aber haben den eigenen Sprössling im Buggy. Das sind die Väter, die ihren Anteil am Elternurlaub nehmen.

Zwei der insgesamt 13 Monate, die die schwedische Elternzeit beträgt, sind für den Mann reserviert, gleichfalls zwei für die Frau, die restlichen neun Monate können Mutter und Vater nach eigenem Gutdünken aufteilen. Und wenn von diesen auch meist die Frauen den Löwenanteil beanspruchen, nehmen ihre Partner doch insgesamt 22 Prozent der gesamten Elternzeit. Das ist ein internationaler Spitzenwert, der nur von Island übertroffen wird. Die rot-grüne Opposition propagiert eine „individualisierte Elternregel“ – der Staat schreibt vor, wer welchen Anteil bekommt, und wenn er ihn nicht ausnützt, verfällt er. Die bürgerliche Regierung will die Wahlfreiheit behalten, die Väter aber durch finanzielle Anreize wie zusätzlichen Lohnzuschuss zu noch größerer Teilnahme locken. Große Unternehmen sehen es inzwischen als Bonus an, wenn ein männlicher Mitarbeiter sein Recht ausnützt: das zeige seine soziale Kompetenz.

Ist die Karenzzeit vorbei, wartet ein flächendeckendes Betreuungssystem, mit der „Förskola“ für die Ein- bis Fünf-jährigen, ehe die Schule übernimmt. Umstritten ist das von den Bürgerlichen eingeführte Betreuungsgeld, das Müttern (oder Vätern) ermöglicht, für ein (geringes) öffentliches Entgelt selbst auf die eigenen Kinder aufzupassen. Es erlaubt nicht nur Müttern, ein bisschen länger beim Baby zu bleiben, statt schon wieder arbeiten zu gehen. Es hält auch viele Migrantinnen daheim bei den Kindern, weshalb diese die Integration und die Sprachbildung im Kindergarten verpassen und oft sprachlich unvorbereitet in die Schule kommen.

Gleichfalls umstritten ist der Steuerabzug für „Haushaltsdienste“: Er gibt Familien die Möglichkeit, sich von der Hausarbeit freizukaufen. Der Staat subventioniert die Putzfrau.

(Gam - "Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2010)

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