Sanierung

Gartenbaukino: Zurück in die Zukunft

APA/Roland Schlager
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Das historische Kino am Wiener Parkring wird umfassend renoviert. Im Herbst soll das Gartenbaukino festlich und kitschig wie anno 1960 wiedereröffnen.

„Gartenbaustelle“ steht in roten Lettern über dem Kinoeingang am Parkring – dort, wo sonst die aktuellen Filme auf leuchtendem Hintergrund beworben werden. Und wer durch die (coronabedingt natürlich geschlossenen) Glastüren blickt, bekommt dies bestätigt: Das Gartenbaukino, eines der letzten 1960er-Kinos der Stadt, wird gerade umfassend saniert. Wenn das – seit 2018 denkmalgeschützte – Festspielkino Anfang Oktober zur Viennale wieder eröffnet, soll es einerseits technisch runderneuert sein. Was man ihm aber andererseits optisch nicht anmerken soll, im Gegenteil.

Ziel der Sanierung, für die der Architekt Manfred Wehdorn verantwortlich ist, ist eine Rückführung in den Originalzustand: Ab Herbst soll es wieder fast genauso aussehen wie 1960, als das Kino mit „Spartacus“ in Anwesenheit von Kirk Douglas eröffnet wurde.

„Immer mehr als ein Kino“ 

Das Gartenbaukino, sagt Architekt Wehdor, „war immer mehr als ein Kino. Im Mittelpunkt standen die Menschen. 1960 war genau die Zeit der Aufbruchstimmung, man hat gespürt: Es beginnt ein neues Leben.“ Diese Lebensfreude erkenne man in vielen Details des Baus von Kinoarchitekt Robert Kotas: An der ungewöhnlich farbenfrohen Gestaltung des Kinos (die nun wieder hergestellt wird), aber etwa auch auf der noch erhaltenen Damentoilette „mit den langen Spiegeln und den Sitzen davor, mit einer unwahrscheinlichen Buntheit“.

Überhaupt sei – „ein Glücksfall“ – von Foyer über Garderobe bis Kinosaal vieles im Originalzustand erhalten: Nur teils übermalt oder verbaut worden. Oder wieder aufgetaucht, wie einige Deckenstücke. Der PVC-Boden, ebenfalls erhalten, „ist einer der ersten, die es in Wien gab“. Anderes gibt es nicht mehr: So wurden die Schwanenhalsleuchter im Foyer „in den 1980ern durch Lampen ersetzt, die überhaupt nichts mehr an Anmutung haben“, sagt Norman Shetler, der als Viennale-Chef auch das Gartenbaukino führt. Auch hier will man zurück in die 1960er-Ästhetik, „das Foyer wird festlicher, glamouröser“, sagt Shetler. Aber es wird auch auch, sagt Architekt Wehdorn, „ein bisschen in den Kitsch gehen. Aber Kitsch ist ja auch etwas furchtbar wichtiges“.

Apa


Insgesamt werden, sagt Shetler, „hunderte Eingriffe passieren, aber sehr, sehr viele wird man gar nicht sehen“. Saniert wird auch die veraltete Technik: Von der Lüftungsanlage („Ein Oldtimer, den nur noch einige wenige Menschen bedienen können“) bis zur Elektrik. Eine so umfassende Erneuerung im Hintergrund bei gleichzeitiger Restaurierung des (denkmalgeschützten) Baus kostet natürlich viel Geld: 3,357 Millionen Euro sind dafür kalkuliert, wobei die Stadt Wien mit zwei Millionen Euro den größten Anteil trägt. Viele Städte, auch Wien, hätten ihre historischen Kinos verloren, sagt Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler (SPÖ). „Umso genauer müssen wir schauen, welche Orte wir besonders schützen.“ Das Gartenbaukino ist für sie „ein Ort, der diesen Geruch der Gala, des Festivals ganz stark in sich trägt“.

Auch der Bund trägt 600.000 Euro zur Sanierung bei, das Gartenbaukino ist für Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer „Kinokulturjuwel und Baudenkmal in einem“.

Aktuell ist der große Kinosaal leer – die 736 Kinostühle (die allerdings aus den 1980ern stammen) werden gerade neu bespannt und kehren, „bequemer, das verspreche ich“, so Shetler, wieder zurück. Die Sanierung der Stühle will man via Crowdfunding finanzieren: Dafür werben aktuell in einem Film Prominente von Peter Simonischek bis Adele Neuhauser.

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Wer spendet, bekommt Kinotickets oder wird einer Sesselplakette als Unterstützer verewigt, bekommt eine Einschulung in die analoge Vorführtechnik - oder überhaupt den ganzen Kinosaal für einen Abend für sich und 250 Gäste. Für Letzteres muss man allerdings 5000 Euro beitragen. 

Auf einen Blick

Das Gartenbaukino wurde 1919 in einem Ausstellungssaal der Gartenbaugesellschaft am Parkring eröffnet.

Ab 1959 wurde das Gelände neu gestaltet, 1960 eröffnete das neue Gartenbaukino.

Seit 2002 wird es durch eine Tochtergesellschaft der Viennale unter der Geschäftsführung von Norman Shetler geführt. Für die Restaurierung der Kinostühle gibt es ein Crowdfunding: www.startnext.com/gartenbaukino

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